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Version vom 20. Februar 2014, 17:12 Uhr
Unternehmen sehen zunehmend die Notwendigkeit, die Qualifizierungspotentiale An- und Ungelernter zu erschließen. Einerseits sind wegen des demographischen Wandels in manchen Branchen schon heute auf dem Arbeitsmarkt wenig geeignete Fachkräfte verfügbar. Andererseits steigen durch technische Innovationen und neue Formen der Arbeitsorganisation die betrieblichen Anforderungen an angelernte Kräfte. Um an der Schwelle zur Facharbeit eine systematische Personalentwicklung umsetzen zu können, werden bedarfsgerechte Qualifizierungsformen benötigt.
Wie An- und Ungelernte, - eine bisher in der betrieblichen Personalentwicklung eher stiefmütterlich behandelten Gruppe -, flexibel, praxisnah und entlang den Bedürfnissen der modernen Betriebs- und Berufspraxis zu mehr Berufskompetenz geführt werden können, zeigen Konzepte zur "Berufsbegleitenden Nachqualifizierung von jungen Erwachsenen", die im Rahmen einer vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) betreuten Modellversuchsreihe zusammen mit Unternehmen, Bildungsdienstleistern und weiteren Akteuren beruflicher Bildung entwickelt und erprobt wurden.
Kernelemente bedarfsgerechter Qualifizierung
Kernelemente dieser modularen betriebsnahen Qualifizierungskonzepte, die sich inzwischen in vielen Betrieben bewährt haben, sind
eine enge Kooperation zwischen Betrieb und Bildungsdienstleister Flexibilisierung der Weiterbildung mittels Modularisierung Transparenz der Weiterbildung über Dokumentation und Zertifizierung
Bildungsdienstleister und BetriebGerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die meist nur wenige Ressourcen für die eigene Personalentwicklung haben, ist eine Qualifizierung ihrer angelernten Kräfte in Kooperation mit einem Bildungsdienstleister interessant. Die Qualifizierung wird so organisiert, dass berufsbegleitendes Lernen am Arbeitsplatz durch strukturierte Lerneinheiten von einem Bildungsdienstleister unterstützt wird. Ziel ist, gemeinsam betriebsspezifische Lösungen zu erarbeiten.
Dazu muss die Zusammenarbeit bereits im Vorfeld der eigentlichen Qualifizierung beginnen: Betrieb und Bildungsdienstleister klären gemeinsam den Qualifizierungsbedarf und planen die Qualifizierung gemeinsam. Dies schließt eine Analyse der Lernmöglichkeiten am Arbeitsplatz ein. Da Arbeitsplätze primär keine Lernorte sind und ihre Organisation an betriebswirtschaftlichen, technischen und ergonomischen Gesichtspunkten ausgerichtet ist, müssen Arbeitsprozesse gegebenenfalls so modifiziert werden, dass Lernen unterstützt wird.
Zudem wird auf der Grundlage einer Analyse der personellen und organisatorischen Situation im Unternehmen sichergestellt, dass geeignete Fachkräfte des Unternehmens während der Qualifizierung für die fachpraktische Unterweisung der Mitarbeiter am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen.
Während der Durchführung der Qualifizierung schließlich geht es darum, die Qualifizierungsinhalte, die beim Bildungsdienstleister vermittelt werden, auf die Anforderungen am Arbeitsplatz und die Bedürfnisse der Mitarbeiter abzustimmen.
Dazu ist ein intensiver Austausch zwischen den Dozenten des fachtheoretischen Unterrichts und den Ausbildungsbeauftragten im Betrieb zu Fragen der Organisation, zu Rollen und Verantwortungsverteilung und zum Bedarf nach weiteren Unterstützungsmaßnahmen durch den Bildungsdienstleister erforderlich. Dieser Austausch kann über Kooperationsworkshops oder informelle Absprachen organisiert sein.
Um die Lernorte Betrieb und Bildungsdienstleister möglichst gut miteinander zu verzahnen, können außerdem verschiedene pädagogisch-didaktische Methoden unterstützend wirken. So können zur Veranschaulichung betrieblicher Funktionszusammenhänge Planspiele einbezogen werden.
Lehrbriefe dienen der Vorbereitung, Unterstützung und Ergänzung der Lernprozesse am Arbeitsplatz und helfen den Mitarbeitern, einen Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis herzustellen. Projektaufträge haben sich als klar strukturierte selbständig zu bearbeitende Aufgaben bewährt, um, eingepasst in betriebliche Abläufe und ökonomische und technische Anforderungen des Betriebes Arbeitsprozesse verständlich und Zusammenhänge nachvollziehbar zu machen.
Modularer Aufbau ? Vorrausetzung flexibler GestaltungUm eine flexible Gestaltung der Weiterbildung zu ermöglichen, werden in der beruflichen Nachqualifizierung Modulsysteme mit Bezug zum Berufskonzept ? anders als in der Ausbildung, wo gerade erst begonnen wurde, die Einführung modularisierter Berufsbilder zu diskutieren ? schon lange mit guten Erfahrungen genutzt.
Unter Modulen werden hier in sich geschlossene Qualifizierungseinheiten verstanden, die tätigkeitsbezogen gestaltet sind und als Ganzes einen Ausbildungsberuf ergeben. Module können bedarfsgerecht und flexibel eingesetzt und einzeln geprüft und zertifiziert werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass sie sich an betriebs- und trägerübergreifenden Standards orientieren.
Die Modularisierung einzelner Berufsbilder erfolgt ausgerichtet an der betrieblichen Realität wiederum in enger Kooperation zwischen Bildungsdienstleister und Unternehmen. Auf der Grundlage einer Analyse der betrieblichen Gegebenheiten werden relevante Handlungssituationen des Berufsfeldes im Unternehmen identifiziert und orientiert an konkreten betrieblichen Tätigkeitsfeldern zu Modulen gebündelt.
Ausbildungsinhalte aus dem Ausbildungsrahmenplan werden also nicht nach einer vorgegebenen Fachsystematik zu Lerneinheiten zusammengefasst, sondern so gestaltet, wie sie als Einsatzbereiche von Mitarbeitern im betrieblichen Zusammenhang vorkommen und den Teilnehmern bekannt sind. Ein Mitarbeiter, der ein Modul durchlaufen hat, ist folglich für das entsprechende Aufgabengebiet im Unternehmen qualifiziert.
Indem ein Mitarbeiter alle Module durchläuft, kann er bis hin zum Berufsabschluss geführt werden. Im Rahmen von Modellprojekten wurde bereits eine ganze Reihe von Berufsbildern modularisiert, die Modulsysteme sind überwiegend gut dokumentiert und frei verfügbar. Bei Bedarf kann jedes Berufsbild modularisiert werden.
Die Modularisierung eines Berufsbildes soll im Folgenden kurz am Beispiel des Modulsystems des Berufsbildes Kauffrau / Kaufmann für Bürokommunikation veranschaulicht werden. Dessen einzelne Module entsprechen den Funktionsbereichen einer modernen betrieblichen Verwaltung. Im kaufmännischen Bereich werden als zentrale betriebliche Tätigkeitsfelder das Personalwesen, die Produkterstellung, die Produktverteilung und das Rechnungswesen unterschieden und in Modulen abgebildet.
Im Modul Personalwesen etwa werden alle Themenfelder zusammengefasst, die mit der betrieblichen bereichsbezogenen Personalarbeit in Zusammenhang stehen (Personalplanung, -beschaffung, -betreuung, -ausstellung; Entgeltabrechnung; Personalaktenführung; statistische Arbeiten). Das Modul Produktverteilung umfaßt alle kaufmännischen Aufgaben im Zusammenhang mit der Fertigstellung des Produkts oder der Dienstleistung (vom Marketing bis zur Vertriebsorganisation) und so fort.
Alle Module zusammengenommen decken die Ausbildungsinhalte des Berufsbildes aus dem Ausbildungsrahmenplan ab. Zudem ist es über die Modularisierung auf einfache Weise möglich, bei Bedarf weitere unternehmensspezifische Qualifizierungsinhalte in einzelne Module zu integrieren. So kann im Modul Produktverteilung für Unternehmen mit internationalen Wirtschaftsbeziehungen eine Lerneinheit Wirtschaftsenglisch integriert werden, oder im Modul Personalwesen können die Mitarbeiter im Umgang mit der betriebsspezifischen Personalverwaltungssoftware geschult werden.
Der erfolgreiche Abschluss eines Moduls wird durch eine Prüfung festgestellt und dokumentiert. Wenn alle zu einem Berufsbild gehörenden Module im Rahmen der Qualifizierung erfolgreich abschlossen wurden, folgt die Abschlussprüfung vor der zuständigen Kammer. Mit bestandener Prüfung erwirbt der Mitarbeiter einen anerkannten Berufsabschluss.
Transparenz der QualifizierungswegeModule sind gut überschaubar und erlauben daher einen guten Überblick über bisher erworbene Kompetenzen. Indem auch einzelne Module geprüft werden, werden Qualifizierungswege nachvollziehbar gemacht. Die erworbenen Qualifikationen werden dabei tätigkeitsbezogen in Zertifikaten beschrieben.
Dokumentiert wird nicht, was jemand gelernt hat, sondern was er kann. Erfasst werden auch die Lernprozesse am Arbeitsplatz. Das fördert die Anerkennung und Verwertbarkeit der erworbenen beruflichen Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt und ist ein Mittel für die Qualitätssicherung in der Weiterbildung.
Weiterführende InformationenPraxisbeispiele modularer Qualifizierung arbeitsloser und beschäftigter An- und Ungelernter werden auf dem Internetportal www.transfer-qualifizierungswege.de beschrieben. Zudem wird ein breites Informationsangebot rund um die Qualifizierung An- und Ungelernter geboten: Hintergrundinformationen zum Thema werden praxisnah dargestellt und für die Umsetzung werden Hilfestellungen in Form von Checklisten und Hinweisen auf erprobte Instrumente bereitgestellt.
Aufgezeigt wird:
wie man im Abgleich der betrieblichen Anforderungen mit den vorhandenen Kompetenzen den Qualifizierungsbedarf ermittelt wie Betrieb, Bildungsdienstleister, Arbeitsagentur und weitere Akteure als Partner bei der Qualifizierung zusammenarbeiten wie man das Lernen mittels eines erprobten modularen Qualifizierungskonzeptes bedarfsgerecht, flexibel, arbeitsplatznah und abgestimmt auf die Bedürfnisse der Zielgruppe abstimmen kann wie die erworbenen Qualifikationen über ein unkompliziertes Verfahren geprüft und dokumentiert werden, damit Qualifizierungserfolge meßbar und nachweisbar werden wie Qualifizierung An- und Ungelernter finanzierbar wird, indem Unterstützungsmöglichkeiten aktueller Förderprogramme genutzt werden.
Erstellt wurde dieses Internetangebot von der bfz gGmbH Bildungsforschung im Projekt "Transfer von Know-how für die berufliche Nachqualifizierung" im Rahmen der Transferphase des BQF-Programms "Kompetenzen fördern - berufliche Qualifizierung für Zielgruppen mit besonderem Förderbedarf".
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Autoren Dominique Dauser dauser.dominique(at)f-bb.de
Annelies Hilger hilger.annelies(at)f-bb.de
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