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'''Rückkehrgespräche sollen Fehlzeiten senken und gleichzeitig die Mitarbeitermotivation unterstützen. Sie sollen helfen klar zu machen, was Vorgesetzte und Mitarbeiter gemeinsam durch eine Verbesserung des Arbeitsklimas tun können, um Fehlzeiten zu minimieren. Zudem ist es wichtig, den Mitarbeitern zu verdeutlichen, dass versucht wird, die wirklich kranken Kollegen schnellstmöglich, soweit vertretbar, wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern.''' | |||
Die Verbindung dieser beiden Punkte zeigt zum einen die Fürsorgepflicht des Unternehmens beziehungsweise des Vorgesetzten und zum anderen das energische Vorgehen gegen "Absentismus". Den Mitarbeitern muss beides bewusst werden: dass erhöhte Fehlzeiten wirtschaftliche Folgen haben, wirklich Kranke aber ausreichend Genesung erhalten und ihnen Informationen und Orientierung helfen, sich wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. | |||
Dies kann in Form eines Drei-Stufen-Programms geschehen, welches den Mitarbeitern signalisiert, dass dem Unternehmen [http://www.perso-net.de/rkw/Anerkennender_Erfahrungsaustausch Fehlzeiten nicht egal sind] und ein möglicher Missbrauch bemerkt und angesprochen wird. | |||
== Drei-Stufen-Programm == | |||
'''Stufe 1: [http://www.perso-net.de/rkw/Anerkennender_Erfahrungsaustausch (Motivations-)Gespräch] nach jeder Erkrankung''' | |||
* Das Ziel ist, eine vertrauensvolle Beziehung herzustellen. | |||
* Aussage: "Wir haben Sie vermisst und freuen uns, dass Sie wieder da sind." | |||
* Unformalisierte Form, keinen Druck aufbauen. | |||
* Personen: Mitarbeiter, direkter Vorgesetzter (Abteilungsleiter). | |||
Stufe 2: Rückkehrgespräche bei Auffälligkeiten | '''Stufe 2: Rückkehrgespräche bei Auffälligkeiten''' | ||
* Das Ziel ist, aufzuzeigen, welche Folgen das Fehlen des Einzelnen für die Abteilung hat. | |||
* Aussage: "Sie fehlen uns im Arbeitsprozess." | |||
* Personen: Mitarbeiter, direkter Vorgesetzter (Abteilungsleiter), weiterer Vorgesetzter (zum Beispiel Betriebsleiter oder Personalleiter, in sehr kleinen Unternehmen gegebenenfalls Geschäftsführer). | |||
Stufe 3: Rückkehrgespräch in "schwierigen" Fällen | '''Stufe 3: Rückkehrgespräch in "schwierigen" Fällen''' | ||
* Das Ziel besteht im Aufzeigen der Konsequenzen, die weiteres Fehlen haben wird. | |||
* Aussage: "Das Verhalten wird nicht weiter geduldet." | |||
* Personen: Mitarbeiter, direkter Vorgesetzter, weiterer Vorgesetzter (zum Beispiel Betriebsleiter oder Personalleiter, in sehr kleinen Unternehmen gegebenenfalls Geschäftsführer). | |||
== Ziel des Programms == | |||
Ziel dieses Programms ist es, die soziale Kompetenz zu unterstreichen, die Mitarbeitermotivation positiv zu beeinflussen und Fehlzeiten auf ein Minimum zu reduzieren. Im Einzelnen können die Ziele von Rückkehrgesprächen auch folgendermaßen beschrieben werden: | |||
Reduzierung von Fehlzeiten | * Reduzierung von Fehlzeiten | ||
Erhöhung der Arbeitszufriedenheit | * Erhöhung der Arbeitszufriedenheit | ||
Ermittlung der genauen Ursachen häufiger Fehlzeiten und Entwicklung gemeinsamer Lösungen | * Ermittlung der genauen Ursachen häufiger Fehlzeiten und Entwicklung gemeinsamer Lösungen | ||
Unterstützung der Mitarbeitermotivationen | * Unterstützung der Mitarbeitermotivationen | ||
Verbesserung des Arbeitsklimas und der Kommunikation | * Verbesserung des Arbeitsklimas und der Kommunikation | ||
Signalisieren des Interesses am Mitarbeiter und dessen Arbeitssituation | * Signalisieren des Interesses am Mitarbeiter und dessen Arbeitssituation | ||
Erhaltung der Leistungsfähigkeit | * Erhaltung der Leistungsfähigkeit | ||
Behebung betrieblich bedingter Ursachen für Fehlzeiten | * Behebung [http://www.perso-net.de/rkw/Gesundheitszirkel betrieblich bedingter Ursachen] für Fehlzeiten | ||
Wichtig ist, dass diese Gespräche '''nach jeder Erkrankung''' geführt werden, damit die Mitarbeiter merken, dass ihr Gesundheitszustand dem Unternehmen nicht egal ist. Allerdings sollte vor allem im Gespräch der ersten Stufe darauf geachtet werden, dass der Mitarbeiter nicht unter Druck gesetzt wird. Für viele ist es bereits eine unangenehme Situation, wenn sie zu ihrem Vorgesetzten bestellt werden: Solch ein Gespräch zu führen, kann starken psychischen Druck und große Verunsicherung auslösen. | |||
Das Gespräch der ersten Stufe kann vielleicht in ein normales '''Mitarbeitergespräch''' eingebunden werden, um die Unbefangenheit zu bewahren. Hier können auch mögliche Ursachen der Erkrankung besprochen werden, insbesondere die Frage, ob diese im Arbeitsprozeß liegen (falsche oder schlechte Arbeitsmittel, krankmachende Arbeitsbedingungen, Mobbing oder Überlastung und andere). | |||
Längere | Rechtlich ist der Mitarbeiter allerdings zu keiner Aussage verpflichtet (siehe weiter unten). Im Fall arbeitsbedingter Erkrankungsursachen müssen Mitarbeiter und Vorgesetzter gemeinsam Maßnahmen erarbeiten, welche auch eingehalten und kontrolliert werden. | ||
== Längere Ausfallzeiten == | |||
Mitarbeiter, die längere Zeit wegen Krankheit ausgefallen sind, bedürfen einer intensiven und einfühlsamen Einarbeitungszeit. So ist zum Beispiel offen mit dem Mitarbeiter über mögliche Anforderungen, darüber, was er sich zutraut, zu sprechen. Sinnvoll ist eine schrittweise Steigerung der Belastung nach längerer Erkrankung. | |||
Dabei sollte der Vorgesetzte darauf achten, dass er sich nicht überfürsorglich verhält. Dies könnte den Mitarbeiter kränken und sein Selbstbewusstsein beeinträchtigen, wodurch eine Wiedereingliederung verzögern würde. Wenn sich der Vorgesetzte nicht im klaren über die Erkrankung und die möglichen Schwierigkeiten bei der Wiedereinarbeitung ist, kann er sich bei der zuständigen Krankenkasse informieren. | Dabei sollte der Vorgesetzte darauf achten, dass er sich nicht überfürsorglich verhält. Dies könnte den Mitarbeiter kränken und sein Selbstbewusstsein beeinträchtigen, wodurch eine Wiedereingliederung verzögern würde. Wenn sich der Vorgesetzte nicht im klaren über die Erkrankung und die möglichen Schwierigkeiten bei der Wiedereinarbeitung ist, kann er sich bei der zuständigen Krankenkasse informieren. | ||
Vor allem aber sollte der Vorgesetzte versteckte Andeutungen wie | Vor allem aber sollte der Vorgesetzte versteckte Andeutungen wie "die Krankheit war ja gar nicht so schlimm" oder "bei solchen Erkrankungen haben andere schon gearbeitet" tunlichst vermeiden. Rückkehrgespräche der ersten Stufe dienen vorrangig der Motivation und dem Vertrauensaufbau, nicht der versteckten Kontrolle. | ||
Rückkehrgesprächsprotokolle bei "Auffälligkeiten" | == Rückkehrgesprächsprotokolle bei "Auffälligkeiten" == | ||
Eröffnung des Gesprächs (ohne Schuldzuweisungen) | Spätestens ab dem zweiten Gespräch sollte der Vorgesetzte ein Protokoll des Rückkehrgesprächs erstellen, um bei etwaigen späteren Rechtsansprüchen über Dokumentationen zu verfügen. Diese Aufzeichnungen sollten auch dem Mitarbeiter zukommen. Ein Leitfaden, der im Vorfeld abgesprochen und festgelegt wird, sorgt für eine professionelle Gesprächsführung. Solch ein Leitfaden kann wie folgt aussehen: | ||
Schilderung der Wahrnehmung des Vorgesetzten | |||
Konkrete Angaben (und nicht pauschalisierende Begriffe wie "mehrmals", "des öfteren" oder "häufiger") schaffen Klarheit. Sie erfordert vorab eine gute Analyse mit genauen Zahlen. Schilderung der Wirkung, die das Verhalten des Mitarbeiters auf den Vorgesetzten hat (direkt und klar). | * Eröffnung des Gesprächs (ohne Schuldzuweisungen) | ||
Frage nach den Gründen und Ursachen für die Fehlzeiten | * Schilderung der '''Wahrnehmung''' des Vorgesetzten | ||
Sagt der Mitarbeiter offen, dass er nicht wirklich krank war, sollte man eine Vereinbarung über sein zukünftiges Verhalten treffen und diese schriftlich festhalten | * Konkrete Angaben (und nicht pauschalisierende Begriffe wie "mehrmals", "des öfteren" oder "häufiger") schaffen '''Klarheit'''. Sie erfordert vorab eine gute Analyse mit genauen Zahlen. Schilderung der Wirkung, die das Verhalten des Mitarbeiters auf den Vorgesetzten hat (direkt und klar). | ||
Wird klar dass der Mitarbeiter wirklich krank war und etwaige Zweifel unbegründet waren, sollte man ihn um Verständnis bitten und klarmachen, dass keine weiteren Zweifel an seinem Verhalten bestehen. | * Frage nach den '''Gründen''' und Ursachen für die Fehlzeiten | ||
Bei Uneinsichtigkeit muss er auf die Folgen und Konsequenzen erneuter häufiger Fehlzeiten hingewiesen werden. | * Sagt der Mitarbeiter offen, dass er '''nicht wirklich krank''' war, sollte man eine Vereinbarung über sein zukünftiges Verhalten treffen und diese schriftlich festhalten | ||
Konsequenzen müssen im zweiten Gespräch nicht angesprochen werden, nur auf Nachfrage des Mitarbeiters sollten sie genannt werden. | * Wird klar dass der Mitarbeiter wirklich '''krank''' war und etwaige Zweifel unbegründet waren, sollte man ihn um Verständnis bitten und klarmachen, dass keine weiteren Zweifel an seinem Verhalten bestehen. | ||
Die Frage, wie er sich in Zukunft zu verhalten gedenkt, wird er mit Gewissheit so beantworten, dass er sich nur krank melden wird, wenn er auch wirklich krank ist. Doch kann man an der Art und Weise der Antwort meist erkennen, wie ernst er das Gespräch nimmt. | * Bei Uneinsichtigkeit muss er auf die Folgen und Konsequenzen erneuter häufiger Fehlzeiten hingewiesen werden. | ||
Am Ende sollte eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Ist der Mitarbeiter dazu nicht bereit beziehungsweise nicht einsichtig, muss das Gespräch beendet werden, indem auf Konsequenzen im Wiederholungsfall hingewiesen wird. | * Konsequenzen müssen im zweiten Gespräch nicht angesprochen werden, nur auf Nachfrage des Mitarbeiters sollten sie genannt werden. | ||
* Die Frage, wie er sich in Zukunft zu verhalten gedenkt, wird er mit Gewissheit so beantworten, dass er sich nur krank melden wird, wenn er auch wirklich krank ist. Doch kann man an der Art und Weise der Antwort meist erkennen, wie ernst er das Gespräch nimmt. | |||
* Am Ende sollte eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Ist der Mitarbeiter dazu nicht bereit beziehungsweise nicht einsichtig, muss das Gespräch beendet werden, indem auf Konsequenzen im Wiederholungsfall hingewiesen wird. | |||
Entlassungs- oder Versetzungsgespräch | == Entlassungs- oder Versetzungsgespräch führen == | ||
Sollte sich auch nach einem Gespräch der dritten Stufe '''keine Besserung''' einstellen, dass heißt, der Mitarbeiter hat weiterhin unerklärlich viele Fehlzeiten, ist es dringend notwendig, konsequent zu bleiben und eine vierte und letzte Gesprächsstufe einzubauen. Das entsprechende Gespräch muss direkt nach der Rückkehr des Mitarbeiters geführt und gut vorbereitet werden. | |||
In diesem Gespräch wird dem Mitarbeiter mitgeteilt, dass sein Verhalten vom Arbeitgeber nicht weiter akzeptiert werden kann und er deswegen [http://www.perso-net.de/rkw/Kategorie:Personaltrennung gekündigt] wird. Sollte er Besserung für die Zukunft versprechen, nur um der Kündigung zu entgehen, empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, an seiner Kündigungsabsicht festzuhalten, da der Mitarbeiter ausreichend Gelegenheit hatte, sein Verhalten zu ändern. | |||
Eine | Eine '''ordentliche Kündigung''' dieser Art sollte schriftlich ausgesprochen und nach dem Entlassungsgespräch ausgehändigt werden. Durch diese professionelle, strukturierte und dokumentierte Vorgehensweise hat das Unternehmen bei einem möglichen Arbeitsgerichtsprozess gute Aussichten, diesen erfolgreich zu bestehen. | ||
Eine Möglichkeit, eine Kündigung zu vermeiden, kann darin bestehen, den Mitarbeiter an einen '''anderen Arbeitsplatz''' zu versetzen. Diese Möglichkeit sollte aber nur in Betracht gezogen werden bei begründeter Aussicht auf Verhaltensänderung (sei es durch Veränderung der Arbeitsbedingungen oder sei es durch die neuen Mitarbeiter). Würde das Problem nur an eine andere Abteilung abgeschoben, entstünden nach kurzer Zeit wieder die gleichen Schwierigkeiten. Wagt der Arbeitgeber jedoch diesen letzten Versuch, ist es hilfreich, wenn der neue Vorgesetzte ausführlich und frühzeitig über die Hintergründe und Vorgeschichte seines neuen Mitarbeiters aufgeklärt wird. | |||
Wenn der Arbeitgeber Anhaltspunkte dafür hat, dass sich ein Mitarbeiter trotz Krankschreibung nicht den Genesungsrichtlinien entsprechend verhält (womöglich sogar woanders arbeitet), kann er einen Detektiv einschalten - dies allerdings nur bei konkretem Verdacht. Verstöße gegen das Genesungsgebot sind meist schwer zu beweisen. Darüber hinaus kann solch eine Aktion für viel Unruhe unter der Belegschaft sorgen. | == Rechtliche Grundlagen == | ||
Rechtlich darf der Vorgesetzte sehr wohl die Frage stellen, woran der Mitarbeiter erkrankt ist, er darf ihn nur nicht nötigen, diese Frage zu beantworten. Zudem darf er sich erkundigen, ob der Erkrankte zum Arzt geht beziehungsweise gehen will. Und schließlich kann der Vorgesetzte auf eine rasche Rückkehr drängen, denn niemand muss bei zügigerer Genesung seinen Krankenschein bis zum letzten Tag absitzen. | |||
Wenn der Arbeitgeber Anhaltspunkte dafür hat, dass sich ein Mitarbeiter trotz Krankschreibung nicht den Genesungsrichtlinien entsprechend verhält (womöglich sogar woanders arbeitet), kann er einen Detektiv einschalten - dies allerdings nur bei konkretem Verdacht. '''Verstöße gegen das Genesungsgebot''' sind meist schwer zu beweisen. Darüber hinaus kann solch eine Aktion für viel Unruhe unter der Belegschaft sorgen. | |||
Als letzte Möglichkeit sollte man sich jedoch solche Schritte offen halten. Ein des Verstoßes gegen das Genesungsverbot überführter Mitarbeiter kann nicht nur fristlos gekündigt werden, er trägt darüber hinaus die Detektivkosten. Im Präzedenzfall hatte ein Staplerfahrer mit Nieren-, Lenden-, Bandscheiben- und Knieproblemen bei einem Gemüsehändler Kisten geschleppt (LAG Rheinland-Pfalz; AZ. 5Sa 540/99). | Als letzte Möglichkeit sollte man sich jedoch solche Schritte offen halten. Ein des Verstoßes gegen das Genesungsverbot überführter Mitarbeiter kann nicht nur fristlos gekündigt werden, er trägt darüber hinaus die Detektivkosten. Im Präzedenzfall hatte ein Staplerfahrer mit Nieren-, Lenden-, Bandscheiben- und Knieproblemen bei einem Gemüsehändler Kisten geschleppt (LAG Rheinland-Pfalz; AZ. 5Sa 540/99). | ||
Bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eines krank geschriebenen Mitarbeiters hat der Arbeitgeber laut Entgeltfortzahlungsgesetz folgende Rechte: | Bei '''Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit''' eines krank geschriebenen Mitarbeiters hat der Arbeitgeber laut Entgeltfortzahlungsgesetz folgende Rechte: | ||
Überprüfung durch den Medizinischen Dienst | *'''Überprüfung durch den Medizinischen Dienst''' | ||
Wie schon erwähnt, kann der Arbeitgeber bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit, ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung anfordern. Krankenkassen sind grundsätzlich zur Beseitigung von Bedenken der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet. | |||
:Wie schon erwähnt, kann der Arbeitgeber bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit, | |||
:ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung anfordern. Krankenkassen | |||
:sind grundsätzlich zur Beseitigung von Bedenken der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet. | |||
Verweigerung der Entgeltfortzahlung | * '''Verweigerung der Entgeltfortzahlung''' | ||
Der Arbeitgeber kann die Fortzahlung im Krankheitsfall verweigern, wenn er trotz ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Zweifel an der Erkrankung hat. Diese Skepsis muss er allerdings vor Gericht belegen beziehungsweise beweisen können (z.B. durch einen Detektiv). Der Arbeitnehmer hat dann seinerseits die Pflicht, darzulegen, warum er gesundheitlich nicht in der Lage war, in seinem Hauptarbeitsverhältnis zu arbeiten, obwohl er der Nebentätigkeit nachgehen konnte. | :Der Arbeitgeber kann die Fortzahlung im Krankheitsfall verweigern, wenn er trotz | ||
:ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Zweifel an der Erkrankung hat. Diese | |||
:Skepsis muss er allerdings vor Gericht belegen beziehungsweise beweisen können | |||
:(z.B. durch einen Detektiv). Der Arbeitnehmer hat dann seinerseits die Pflicht, darzulegen, | |||
:warum er gesundheitlich nicht in der Lage war, in seinem Hauptarbeitsverhältnis zu arbeiten, | |||
:obwohl er der Nebentätigkeit nachgehen konnte. | |||
Hinterlegung des Sozialversicherungsausweises | * '''Hinterlegung des Sozialversicherungsausweises''' | ||
Um einer möglichen Nebenbeschäftigung durch den Mitarbeiter entgegenzuwirken, kann der Arbeitgeber die Hinterlegung seines Sozialversicherungsausweises für die Zeiten verlangen, in denen er zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Weigert sich der Mitarbeiter, kann der Arbeitgeber seinerseits die Entgeltfortzahlung verweigern. | :Um einer möglichen Nebenbeschäftigung durch den Mitarbeiter entgegenzuwirken, kann | ||
:der Arbeitgeber die Hinterlegung seines Sozialversicherungsausweises für die Zeiten verlangen, | |||
:in denen er zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Weigert sich der Mitarbeiter, kann der | |||
:Arbeitgeber seinerseits die Entgeltfortzahlung verweigern. | |||
Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit | * '''Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit''' | ||
Täuscht ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit vor oder besteht ein begründeter Verdacht, dass sie vorgetäuscht werden sollte, verstößt er gegen seine Pflicht zu gesundheits- und heilungsförderndem Verhalten. Dies kann unter Umständen als Kündigungsgrund für den Arbeitgeber ausreichen. | :Täuscht ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit vor oder besteht ein begründeter Verdacht, | ||
:dass sie vorgetäuscht werden sollte, verstößt er gegen seine Pflicht zu gesundheits- | |||
:und heilungsförderndem Verhalten. Dies kann unter Umständen als Kündigungsgrund für den | |||
:Arbeitgeber ausreichen. | |||
Arbeitsunfähigkeit durch Drittverschulden | * '''Arbeitsunfähigkeit durch Drittverschulden''' | ||
Ist die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters durch einen Dritten verschuldet und ist dieser dem Arbeitgeber dadurch zu Schadensersatz verpflichtet, besteht vorerst eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber hat aber gegenüber dem Dritten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Entgeltfortzahlung, die er tätigt. | :Ist die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters durch einen Dritten verschuldet und ist dieser | ||
:dem Arbeitgeber dadurch zu Schadensersatz verpflichtet, besteht vorerst | |||
:eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber hat aber | |||
:gegenüber dem Dritten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Entgeltfortzahlung, | |||
:die er tätigt. | |||
== Gesundheitsförderung - das Eisbergmodell == | |||
Der Eisberg steht in diesem Modell symbolisch für Krankheit. Es werden zwei Formen von Krankheit unterschieden: | |||
1. '''Die sichtbare Spitze''' des Eisbergs steht für sichtbare Krankheit (Fehlzeiten, Krankenstand), Entgeldfortzahlungen fallen an sowie organisatorischer Mehraufwand und andere Widrigkeiten. | |||
2. '''Der unter Wasser liegende Teil''' des Eisbergs: mangelndes Wohlbefinden führt zu geringerer Motivation und weniger Leistung, es entstehen keine direkten Kosten, der Schaden ist trotzdem erheblich und das produktive Potential der Beschäftigten wird nicht vollständig eingebracht. | |||
'''Es bieten sich drei Lösungswege an um diese "Krankheiten" zu lindern bzw. zu mildern:''' | |||
Es bieten sich drei Lösungswege an um diese "Krankheiten" zu lindern bzw. zu mildern: | |||
Der Eisberg wird mit der Eispickel-Methode abgetragen: | Der Eisberg wird mit der Eispickel-Methode abgetragen: | ||
"Blaumacher" werden ausfindig gemacht und sanktioniert | * "Blaumacher" werden ausfindig gemacht und sanktioniert | ||
Exempel werden statuiert und andere Mitarbeiter abgeschreckt | * Exempel werden statuiert und andere Mitarbeiter abgeschreckt | ||
die eigentliche Ursache des Krankenstandes wird nicht bekämpft | * die eigentliche Ursache des Krankenstandes wird nicht bekämpft | ||
Die Druck-Methode: | Die Druck-Methode: | ||
der Eisberg wird mit hohem Kraftaufwand nach unten gedrückt | * der Eisberg wird mit hohem Kraftaufwand nach unten gedrückt | ||
Druckmittel sind dabei Rückkehr- und Fehlzeitengespräche, Krankenbesuche oder Angst vor Arbeitsplatzverlust | * Druckmittel sind dabei Rückkehr- und Fehlzeitengespräche, Krankenbesuche oder Angst vor Arbeitsplatzverlust | ||
kurzfristiger Erfolg stellt sich ein | * kurzfristiger Erfolg stellt sich ein | ||
bei nachlassendem Druck ist aber von einem erneuten Anstieg der Fehlzeiten auszugehen | * bei nachlassendem Druck ist aber von einem erneuten Anstieg der Fehlzeiten auszugehen | ||
Erwärmung des Wassers: | Erwärmung des Wassers: | ||
langfristige Veränderung der Umgebungsbedingungen | * langfristige Veränderung der Umgebungsbedingungen | ||
Entstehung von Rahmenbedingungen, die ein eigenverantwortliches, gesundheitsbezogenes Handeln der Mitarbeiter ermöglichen | * Entstehung von Rahmenbedingungen, die ein eigenverantwortliches, gesundheitsbezogenes Handeln der Mitarbeiter ermöglichen | ||
Autor | == Autor == | ||
Kuge | '''Martin Kuge''' | ||
[[Kategorie: Mitarbeitergespräch]] [[Kategorie: Gesundheitsmanagement]] [[Kategorie: Führung]] [[Kategorie: Personalbindung]] | |||
Aktuelle Version vom 7. Juni 2016, 16:04 Uhr
Rückkehrgespräche sollen Fehlzeiten senken und gleichzeitig die Mitarbeitermotivation unterstützen. Sie sollen helfen klar zu machen, was Vorgesetzte und Mitarbeiter gemeinsam durch eine Verbesserung des Arbeitsklimas tun können, um Fehlzeiten zu minimieren. Zudem ist es wichtig, den Mitarbeitern zu verdeutlichen, dass versucht wird, die wirklich kranken Kollegen schnellstmöglich, soweit vertretbar, wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern.
Die Verbindung dieser beiden Punkte zeigt zum einen die Fürsorgepflicht des Unternehmens beziehungsweise des Vorgesetzten und zum anderen das energische Vorgehen gegen "Absentismus". Den Mitarbeitern muss beides bewusst werden: dass erhöhte Fehlzeiten wirtschaftliche Folgen haben, wirklich Kranke aber ausreichend Genesung erhalten und ihnen Informationen und Orientierung helfen, sich wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern.
Dies kann in Form eines Drei-Stufen-Programms geschehen, welches den Mitarbeitern signalisiert, dass dem Unternehmen Fehlzeiten nicht egal sind und ein möglicher Missbrauch bemerkt und angesprochen wird.
Drei-Stufen-Programm
Stufe 1: (Motivations-)Gespräch nach jeder Erkrankung
- Das Ziel ist, eine vertrauensvolle Beziehung herzustellen.
- Aussage: "Wir haben Sie vermisst und freuen uns, dass Sie wieder da sind."
- Unformalisierte Form, keinen Druck aufbauen.
- Personen: Mitarbeiter, direkter Vorgesetzter (Abteilungsleiter).
Stufe 2: Rückkehrgespräche bei Auffälligkeiten
- Das Ziel ist, aufzuzeigen, welche Folgen das Fehlen des Einzelnen für die Abteilung hat.
- Aussage: "Sie fehlen uns im Arbeitsprozess."
- Personen: Mitarbeiter, direkter Vorgesetzter (Abteilungsleiter), weiterer Vorgesetzter (zum Beispiel Betriebsleiter oder Personalleiter, in sehr kleinen Unternehmen gegebenenfalls Geschäftsführer).
Stufe 3: Rückkehrgespräch in "schwierigen" Fällen
- Das Ziel besteht im Aufzeigen der Konsequenzen, die weiteres Fehlen haben wird.
- Aussage: "Das Verhalten wird nicht weiter geduldet."
- Personen: Mitarbeiter, direkter Vorgesetzter, weiterer Vorgesetzter (zum Beispiel Betriebsleiter oder Personalleiter, in sehr kleinen Unternehmen gegebenenfalls Geschäftsführer).
Ziel des Programms
Ziel dieses Programms ist es, die soziale Kompetenz zu unterstreichen, die Mitarbeitermotivation positiv zu beeinflussen und Fehlzeiten auf ein Minimum zu reduzieren. Im Einzelnen können die Ziele von Rückkehrgesprächen auch folgendermaßen beschrieben werden:
- Reduzierung von Fehlzeiten
- Erhöhung der Arbeitszufriedenheit
- Ermittlung der genauen Ursachen häufiger Fehlzeiten und Entwicklung gemeinsamer Lösungen
- Unterstützung der Mitarbeitermotivationen
- Verbesserung des Arbeitsklimas und der Kommunikation
- Signalisieren des Interesses am Mitarbeiter und dessen Arbeitssituation
- Erhaltung der Leistungsfähigkeit
- Behebung betrieblich bedingter Ursachen für Fehlzeiten
Wichtig ist, dass diese Gespräche nach jeder Erkrankung geführt werden, damit die Mitarbeiter merken, dass ihr Gesundheitszustand dem Unternehmen nicht egal ist. Allerdings sollte vor allem im Gespräch der ersten Stufe darauf geachtet werden, dass der Mitarbeiter nicht unter Druck gesetzt wird. Für viele ist es bereits eine unangenehme Situation, wenn sie zu ihrem Vorgesetzten bestellt werden: Solch ein Gespräch zu führen, kann starken psychischen Druck und große Verunsicherung auslösen.
Das Gespräch der ersten Stufe kann vielleicht in ein normales Mitarbeitergespräch eingebunden werden, um die Unbefangenheit zu bewahren. Hier können auch mögliche Ursachen der Erkrankung besprochen werden, insbesondere die Frage, ob diese im Arbeitsprozeß liegen (falsche oder schlechte Arbeitsmittel, krankmachende Arbeitsbedingungen, Mobbing oder Überlastung und andere).
Rechtlich ist der Mitarbeiter allerdings zu keiner Aussage verpflichtet (siehe weiter unten). Im Fall arbeitsbedingter Erkrankungsursachen müssen Mitarbeiter und Vorgesetzter gemeinsam Maßnahmen erarbeiten, welche auch eingehalten und kontrolliert werden.
Längere Ausfallzeiten
Mitarbeiter, die längere Zeit wegen Krankheit ausgefallen sind, bedürfen einer intensiven und einfühlsamen Einarbeitungszeit. So ist zum Beispiel offen mit dem Mitarbeiter über mögliche Anforderungen, darüber, was er sich zutraut, zu sprechen. Sinnvoll ist eine schrittweise Steigerung der Belastung nach längerer Erkrankung.
Dabei sollte der Vorgesetzte darauf achten, dass er sich nicht überfürsorglich verhält. Dies könnte den Mitarbeiter kränken und sein Selbstbewusstsein beeinträchtigen, wodurch eine Wiedereingliederung verzögern würde. Wenn sich der Vorgesetzte nicht im klaren über die Erkrankung und die möglichen Schwierigkeiten bei der Wiedereinarbeitung ist, kann er sich bei der zuständigen Krankenkasse informieren.
Vor allem aber sollte der Vorgesetzte versteckte Andeutungen wie "die Krankheit war ja gar nicht so schlimm" oder "bei solchen Erkrankungen haben andere schon gearbeitet" tunlichst vermeiden. Rückkehrgespräche der ersten Stufe dienen vorrangig der Motivation und dem Vertrauensaufbau, nicht der versteckten Kontrolle.
Rückkehrgesprächsprotokolle bei "Auffälligkeiten"
Spätestens ab dem zweiten Gespräch sollte der Vorgesetzte ein Protokoll des Rückkehrgesprächs erstellen, um bei etwaigen späteren Rechtsansprüchen über Dokumentationen zu verfügen. Diese Aufzeichnungen sollten auch dem Mitarbeiter zukommen. Ein Leitfaden, der im Vorfeld abgesprochen und festgelegt wird, sorgt für eine professionelle Gesprächsführung. Solch ein Leitfaden kann wie folgt aussehen:
- Eröffnung des Gesprächs (ohne Schuldzuweisungen)
- Schilderung der Wahrnehmung des Vorgesetzten
- Konkrete Angaben (und nicht pauschalisierende Begriffe wie "mehrmals", "des öfteren" oder "häufiger") schaffen Klarheit. Sie erfordert vorab eine gute Analyse mit genauen Zahlen. Schilderung der Wirkung, die das Verhalten des Mitarbeiters auf den Vorgesetzten hat (direkt und klar).
- Frage nach den Gründen und Ursachen für die Fehlzeiten
- Sagt der Mitarbeiter offen, dass er nicht wirklich krank war, sollte man eine Vereinbarung über sein zukünftiges Verhalten treffen und diese schriftlich festhalten
- Wird klar dass der Mitarbeiter wirklich krank war und etwaige Zweifel unbegründet waren, sollte man ihn um Verständnis bitten und klarmachen, dass keine weiteren Zweifel an seinem Verhalten bestehen.
- Bei Uneinsichtigkeit muss er auf die Folgen und Konsequenzen erneuter häufiger Fehlzeiten hingewiesen werden.
- Konsequenzen müssen im zweiten Gespräch nicht angesprochen werden, nur auf Nachfrage des Mitarbeiters sollten sie genannt werden.
- Die Frage, wie er sich in Zukunft zu verhalten gedenkt, wird er mit Gewissheit so beantworten, dass er sich nur krank melden wird, wenn er auch wirklich krank ist. Doch kann man an der Art und Weise der Antwort meist erkennen, wie ernst er das Gespräch nimmt.
- Am Ende sollte eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Ist der Mitarbeiter dazu nicht bereit beziehungsweise nicht einsichtig, muss das Gespräch beendet werden, indem auf Konsequenzen im Wiederholungsfall hingewiesen wird.
Entlassungs- oder Versetzungsgespräch führen
Sollte sich auch nach einem Gespräch der dritten Stufe keine Besserung einstellen, dass heißt, der Mitarbeiter hat weiterhin unerklärlich viele Fehlzeiten, ist es dringend notwendig, konsequent zu bleiben und eine vierte und letzte Gesprächsstufe einzubauen. Das entsprechende Gespräch muss direkt nach der Rückkehr des Mitarbeiters geführt und gut vorbereitet werden.
In diesem Gespräch wird dem Mitarbeiter mitgeteilt, dass sein Verhalten vom Arbeitgeber nicht weiter akzeptiert werden kann und er deswegen gekündigt wird. Sollte er Besserung für die Zukunft versprechen, nur um der Kündigung zu entgehen, empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, an seiner Kündigungsabsicht festzuhalten, da der Mitarbeiter ausreichend Gelegenheit hatte, sein Verhalten zu ändern.
Eine ordentliche Kündigung dieser Art sollte schriftlich ausgesprochen und nach dem Entlassungsgespräch ausgehändigt werden. Durch diese professionelle, strukturierte und dokumentierte Vorgehensweise hat das Unternehmen bei einem möglichen Arbeitsgerichtsprozess gute Aussichten, diesen erfolgreich zu bestehen.
Eine Möglichkeit, eine Kündigung zu vermeiden, kann darin bestehen, den Mitarbeiter an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. Diese Möglichkeit sollte aber nur in Betracht gezogen werden bei begründeter Aussicht auf Verhaltensänderung (sei es durch Veränderung der Arbeitsbedingungen oder sei es durch die neuen Mitarbeiter). Würde das Problem nur an eine andere Abteilung abgeschoben, entstünden nach kurzer Zeit wieder die gleichen Schwierigkeiten. Wagt der Arbeitgeber jedoch diesen letzten Versuch, ist es hilfreich, wenn der neue Vorgesetzte ausführlich und frühzeitig über die Hintergründe und Vorgeschichte seines neuen Mitarbeiters aufgeklärt wird.
Rechtliche Grundlagen
Rechtlich darf der Vorgesetzte sehr wohl die Frage stellen, woran der Mitarbeiter erkrankt ist, er darf ihn nur nicht nötigen, diese Frage zu beantworten. Zudem darf er sich erkundigen, ob der Erkrankte zum Arzt geht beziehungsweise gehen will. Und schließlich kann der Vorgesetzte auf eine rasche Rückkehr drängen, denn niemand muss bei zügigerer Genesung seinen Krankenschein bis zum letzten Tag absitzen.
Wenn der Arbeitgeber Anhaltspunkte dafür hat, dass sich ein Mitarbeiter trotz Krankschreibung nicht den Genesungsrichtlinien entsprechend verhält (womöglich sogar woanders arbeitet), kann er einen Detektiv einschalten - dies allerdings nur bei konkretem Verdacht. Verstöße gegen das Genesungsgebot sind meist schwer zu beweisen. Darüber hinaus kann solch eine Aktion für viel Unruhe unter der Belegschaft sorgen.
Als letzte Möglichkeit sollte man sich jedoch solche Schritte offen halten. Ein des Verstoßes gegen das Genesungsverbot überführter Mitarbeiter kann nicht nur fristlos gekündigt werden, er trägt darüber hinaus die Detektivkosten. Im Präzedenzfall hatte ein Staplerfahrer mit Nieren-, Lenden-, Bandscheiben- und Knieproblemen bei einem Gemüsehändler Kisten geschleppt (LAG Rheinland-Pfalz; AZ. 5Sa 540/99).
Bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eines krank geschriebenen Mitarbeiters hat der Arbeitgeber laut Entgeltfortzahlungsgesetz folgende Rechte:
- Überprüfung durch den Medizinischen Dienst
- Wie schon erwähnt, kann der Arbeitgeber bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit,
- ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung anfordern. Krankenkassen
- sind grundsätzlich zur Beseitigung von Bedenken der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet.
- Verweigerung der Entgeltfortzahlung
- Der Arbeitgeber kann die Fortzahlung im Krankheitsfall verweigern, wenn er trotz
- ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Zweifel an der Erkrankung hat. Diese
- Skepsis muss er allerdings vor Gericht belegen beziehungsweise beweisen können
- (z.B. durch einen Detektiv). Der Arbeitnehmer hat dann seinerseits die Pflicht, darzulegen,
- warum er gesundheitlich nicht in der Lage war, in seinem Hauptarbeitsverhältnis zu arbeiten,
- obwohl er der Nebentätigkeit nachgehen konnte.
- Hinterlegung des Sozialversicherungsausweises
- Um einer möglichen Nebenbeschäftigung durch den Mitarbeiter entgegenzuwirken, kann
- der Arbeitgeber die Hinterlegung seines Sozialversicherungsausweises für die Zeiten verlangen,
- in denen er zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Weigert sich der Mitarbeiter, kann der
- Arbeitgeber seinerseits die Entgeltfortzahlung verweigern.
- Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit
- Täuscht ein Arbeitnehmer eine Arbeitsunfähigkeit vor oder besteht ein begründeter Verdacht,
- dass sie vorgetäuscht werden sollte, verstößt er gegen seine Pflicht zu gesundheits-
- und heilungsförderndem Verhalten. Dies kann unter Umständen als Kündigungsgrund für den
- Arbeitgeber ausreichen.
- Arbeitsunfähigkeit durch Drittverschulden
- Ist die Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters durch einen Dritten verschuldet und ist dieser
- dem Arbeitgeber dadurch zu Schadensersatz verpflichtet, besteht vorerst
- eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber hat aber
- gegenüber dem Dritten einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe der Entgeltfortzahlung,
- die er tätigt.
Gesundheitsförderung - das Eisbergmodell
Der Eisberg steht in diesem Modell symbolisch für Krankheit. Es werden zwei Formen von Krankheit unterschieden:
1. Die sichtbare Spitze des Eisbergs steht für sichtbare Krankheit (Fehlzeiten, Krankenstand), Entgeldfortzahlungen fallen an sowie organisatorischer Mehraufwand und andere Widrigkeiten.
2. Der unter Wasser liegende Teil des Eisbergs: mangelndes Wohlbefinden führt zu geringerer Motivation und weniger Leistung, es entstehen keine direkten Kosten, der Schaden ist trotzdem erheblich und das produktive Potential der Beschäftigten wird nicht vollständig eingebracht.
Es bieten sich drei Lösungswege an um diese "Krankheiten" zu lindern bzw. zu mildern:
Der Eisberg wird mit der Eispickel-Methode abgetragen:
- "Blaumacher" werden ausfindig gemacht und sanktioniert
- Exempel werden statuiert und andere Mitarbeiter abgeschreckt
- die eigentliche Ursache des Krankenstandes wird nicht bekämpft
Die Druck-Methode:
- der Eisberg wird mit hohem Kraftaufwand nach unten gedrückt
- Druckmittel sind dabei Rückkehr- und Fehlzeitengespräche, Krankenbesuche oder Angst vor Arbeitsplatzverlust
- kurzfristiger Erfolg stellt sich ein
- bei nachlassendem Druck ist aber von einem erneuten Anstieg der Fehlzeiten auszugehen
Erwärmung des Wassers:
- langfristige Veränderung der Umgebungsbedingungen
- Entstehung von Rahmenbedingungen, die ein eigenverantwortliches, gesundheitsbezogenes Handeln der Mitarbeiter ermöglichen
Autor
Martin Kuge