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Aktuelle Version vom 20. September 2016, 09:57 Uhr
Grundlagen, Einsatzfelder und Einführung
Jobfamilien stellen ein personalwirtschaftliches Organisationsmittel dar, das ähnliche Stellen zu Stellenbündeln zusammenfasst. Ihr Einsatz ist immer Mittel zum Zweck und damit Antwort auf ein bestimmtes betriebliches Problem. Demjenigen, der dies im Blick behält, dem können Jobfamilien wichtige Dienste leisten: Die Reduktion von Komplexität hilft dabei, den Blick auf das Wesentliche zu lenken und personalwirtschaftliche Prozesse effizient zu gestalten. Gleichzeitig haben wir in unterschiedlichen Betriebsprojekten auch beobachten können, dass auf anfängliche Euphorie und expansivem Einsatz Ernüchterung folgte: Mitunter sind Jobfamilien zu unnötigem Ballast degeneriert. Dieser Beitrag verfolgt den Anspruch, etwas Orientierung in den Jobfamiliendschungel zu bringen.
Was sind Jobfamilien?
Jobfamilien sind Stellencluster, die nach dem Prinzip der Ähnlichkeit gebildet werden. Sie fassen "verwandte" Jobs, das heißt Stellen mit gleichen oder ähnlichen Aufgaben(profilen) zusammen. Sie sind also kein eigenständiges personalwirtschaftliches Konzept, sondern ein Organisationsmittel, das vergleichbar mit anderen Clustern im Unternehmen ist - wie Warengruppen im Einkauf oder Teilefamilien in der Produktion. Das Prinzip ist: Vereinfachung durch Zusammenfassung. Damit können Jobfamilien personalwirtschaftliche Prozesse unterstützen, sie deutlich effizienter und effektiver gestalten. Diesem Organisationsmittel können sich sowohl nach innen (wie Entwicklungswege), als auch nach außen gerichtete personalwirtschaftliche Prozesse (wie Personalbeschaffung) bedienen. Mehr noch: Jobfamilien eignen sich als Referenz für einen Blick auf das Gestern (beispielsweise im Zusammenhang mit Leistungsbeurteilungen) ebenso wie für den Blick auf das Morgen (beispielsweise im Zusammenhang mit einer strategischen Personalplanung).
Konkrete Beispiele für Jobfamilien aus mittelständischen Industrieunternehmen:
- Instandhalter (für Maschinengruppe X)
- Arbeitsplaner (für Produktgruppe X)
- Meister (für Produktionsbereich X)
- Dreher (für Deckel-Drehmaschinen X)
- Lagerarbeiter (für Lagerbereich X)
- Entwickler (für Anwendung X)
- Konstrukteure (für Produktgruppe X)
- Personalreferenten (für Personalentwicklung)
- Mitarbeiter Vertriebsinnendienst
- Verkäufer (für Produktgruppe X)
- Außendienstmitarbeiter (für Region X)
- Servicetechniker (für Maschinengruppe X)
- Verwaltungskräfte
- Einkäufer (für Warengruppe X)
Warum haben Jobfamilien Konjunktur?
Nun beobachten wir in Betrieben häufig, dass sich die Marktpositionierungen von mittelständischen Unternehmen und damit die Anforderungen an ihr Personal schneller ändern als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Außerdem werden die Kompetenzanforderungen in vielen Fällen spezifischer. Im Zuge der Digitalisierung dürfte sich dieser Trend eher verschärfen als abschwächen. Ergänzt ein Unternehmen intern das Ordnungssystem Berufsbilder durch das der Jobfamilien, profitiert es vom konkreten betrieblichen Bezug und der Flexibilität, die Zuordnung von Personen und Aufgaben schnell anzupassen und zu verändern.
Mehr noch: Jobfamilien bündeln ähnliche Aufgaben beziehungsweise zusammenhängende Aufgabenkomplexe. Strategische Veränderungen in einem Unternehmen können auf der Ebene dieser gebündelten Aufgabenkomplexe sinnvoll und unterscheidbar beschrieben sowie in ihren Auswirkungen auf den Personalbedarf beurteilt werden. Ein bestimmtes Umsatzziel kann demzufolge sehr präzise in seinen Auswirkungen auf die Jobfamilie "Vertrieb Außendienst" und unterschieden davon auf die Jobfamilie "Meister in der Produktion" bestimmt werden.
Wofür können Jobfamilien genutzt werden?
Die Anwendungsfelder von Jobfamilien sind zahlreich. Sie können beispielsweise dazu genutzt werden, um eine einheitliche und transparente Vergütungssystematik zu erstellen. Vier Anwendungsfelder halten wir allerdings für besonders wichtig:
1. Personalbestandsanalyse: Die Personalbestandsanalyse eröffnet das Feld möglicher Anwendungen von Jobfamilien. Der Blick verweilt beim Heute: Wie groß sind die Risiken, wenn alles so bleibt wie es ist? Die Arbeit mit Jobfamilien ermöglicht eine deutlich präzisere Risikobetrachtung als die übliche Unterscheidung nach Abteilungsgrenzen.
2. Strategische Personalplanung und Personalmarketing: Im Kontext der strategischen Personalplanung und des strategischen Personalmarketings dienen Jobfamilien vor allem als Scharnier zwischen Unternehmensstrategie und personalwirtschaftlichen Maßnahmen. Der Blick wandert in diesem Zusammenhang auf das Morgen: Welche Risiken entstehen in den einzelnen Jobfamilien durch die strategischen Planungen des Unternehmens? Führt beispielsweise ein bestimmtes Umsatzziel dazu, dass das Unternehmen Gefahr läuft, dass die Mitarbeiter einer bestimmten Jobfamilie die Aufgabenfülle nicht mehr bearbeiten können? Welche Gegenmaßnahmen wären erforderlich? Und wie kann sich das Unternehmen im Falle des Falles für die Zielgruppen einer Jobfamilie gut aufstellen?
3. Betriebliche Entwicklungswege: Vernetzte Jobfamilien können bereits ohne größeren Aufwand die Funktion einer (informellen) Fach- bzw. Projektlaufbahn erfüllen. Gleichzeitig stellen sie eine Basis dar, um Fachlaufbahnen auszuarbeiten und stärker zu formalisieren - mit definierten Aufgaben und Anforderungen (womöglich sogar mit entsprechendem formalen Status und Gehaltsbändern für die jeweiligen Stufen).
4. Leistungsbeurteilung und Personalentwicklung: In diesem Feld werden Jobfamilien in ihrer gesamten Tiefe genutzt. Mit der Ausarbeitung der Aufgaben, Anforderungen und Vernetzungen ist ein erheblicher Aufwand verbunden. Dafür kann der Anwender damit ein einfach handhabbares Kompetenzmanagement umsetzen, das sich sowohl für einen Blick aufs Gestern im Sinne von Leistungsbeurteilungen, als auch für den Blick aufs Morgen im Sinne von Personalentwicklung eignet.
Wie werden Jobfamilien gebildet?
Die Einführung von Jobfamilien ist nicht sonderlich kompliziert. Für den weiteren Prozess ist es allerdings entscheidend, die künftigen Anwendungsbereiche des Jobfamilien-Ansatzes im Unternehmen festzulegen. Dies ist eine Entscheidung, die Management und Personalverantwortliche gemeinsam treffen. Sonst fehlt der Umsetzung die wesentliche Grundlage. Darauf aufbauend müssen beim gesamten Prozess folgende Fragen mitgeführt werden: Wo soll die Grenze in Bezug auf die "Ähnlichkeit" der Aufgabenprofile gezogen werden? Welches Abstraktionsniveau ist für die konkreten Anwendungsbezüge sinnvoll? Außerdem stellt sich zu Beginn die Frage, auf was sinnvollerweise aufsetzt werden kann: Gibt es bereits Stellenbeschreibungen oder ähnliche Instrumente (Ausschreibungen, Qualifikationsmatrizen, Funktionendiagramme), die die Aufgaben und Anforderungen der Stellen des Unternehmens (personenunabhängig) beschreiben?
1. Jobfamilien definieren: Management und Personalverantwortliche fassen Stellen mit gleichen oder sehr ähnlichen Aufgaben zu Jobfamilien zusammen. Entscheidender dafür, ob eine Stelle zu einer Jobfamilie gehört, ist die Frage: Ähneln sich die Aufgaben so stark, dass sich die Stelleninhaber gegenseitig (mit geringem Aufwand) vertreten könnten? Weniger entscheidend ist, ob sie in dem gleichen Kästchen im Organigramm stehen. Ein sinnvoller Einsatz von Jobfamilien ist in aller Regel dadurch gekennzeichnet, dass Abteilungs- und Teamgrenzen überschritten werden, auch zwischen Hierarchiestufen wird zunächst einmal nicht unterschieden. Der Jobfamilien-Ansatz ergänzt die formale Aufbauorganisation vielmehr durch eine Strukturierung der Stellen nach den jeweils anfallenden Aufgaben. So kann die Stelle des Personaladministrators womöglich vielmehr der Jobfamilie "IT" oder "Verwaltung" zugeschlagen werden als der der "Personalreferenten".
2. Jobfamilien beschreiben: Dort, wo es der konkrete Anwendungsbezug gebietet, ist nun eine tiefergehende Beschreibung der Jobfamilien gefragt. Dabei ist vor allem an Personalentwicklung, die Einführung von Fachlaufbahnen und gegebenenfalls an strategisches Personalmarketing zu denken. Hierbei ist es möglich, dass ein Ergebnis aus dem ersten Schritt noch einmal anpasst werden muss. Das ist kein Problem, sondern Indikator für einen umsichtigen Einsatz. Wichtig ist, dass die jeweiligen Vorgesetzten die zentralen Inhalte liefern, der Personalverantwortliche kann unterstützen. Zunächst müssen die Aufgabenprofile (Achtung: Keine Tätigkeitsbeschreibungen!) der gebildeten Jobfamilien festgehalten werden. Falls die Aufgaben der enthaltenen Stellen nicht identisch sind, konzentrieren Sie sich hier auf die Gemeinsamkeiten. Auf der Basis der Aufgabenprofile werden nun für jede Jobfamilie die Anforderungen an die jeweiligen Stelleninhaber formuliert. Wichtig ist wiederum, dass die Anforderungen für alle in der Jobfamilie enthaltenen Stellen gelten können.
3. Jobfamilien anwenden: Wenn Sie die Schritte bis hier durchlaufen haben und die künftigen Anwendungsbereiche immer im Blick hatten, ist es wahrscheinlich, dass der Jobfamilien-Ansatz so konfektioniert ist, dass er anschlussfähig und praktikabel ist. Verändert sich die geschäftliche Wirklichkeit, verändern sich erfahrungsgemäß auch Prozesse und Aufgaben. Deshalb macht es Sinn, nach etwa drei Jahren die Aufgabenprofile (AKV) zumindest der wichtigsten Stellen und daraufhin auch Jobfamilien zu prüfen und bei größeren Veränderungen anzupassen.
Eine ausführliche Darstellung des Jobfamilienansatzes einschließlich Beispielanwendungen und Tools findet sich hier: www.strategische-personalarbeit.de
Autor
grossheim(at)rkw.de
kuchenbecker(at)rkw.de