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Version vom 7. Mai 2014, 13:58 Uhr
Auf dem Arbeitsmarkt für Hochschulabsolventen wird deren Einstellung als Praktikanten von vielen Unternehmen zunehmend als willkommendes Instrument des Personaleinsatzes genutzt. Nach Beobachtungen der Bundesagentur für Arbeit haben die Praktikantenverhältnisse unter Akademikern zugenommen.
Sie bieten Unternehmen die Möglichkeit, qualifizierte Mitarbeiter zeitlich begrenzt für deutlich unter den am Arbeitsmarktniveau liegenden Bezügen zu beschäftigen. Für Hochschulabsolventen bieten Praktika grundsätzlich die Möglichkeit eines Einstiegs in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis, die bei der herrschenden Knappheit entsprechender Positionen auf direkte Weise wesentlich schwieriger wäre.
Missbräuchliche Nutzung
Wahrgenommen und diskutiert wird die Zunahme der Praktikantenverhältnisse vor allem aus der Sicht solcher Hochschulabsolventen, für die sich die gängige Praxis als eine Art von "Bewerberfalle" darstellt, bei der ein Praktikum dem anderen folgt und ein Übergang in ein reguläres Arbeitsverhältnis nicht gelingt. Dabei geht man oft von einer missbräuchlichen Nutzung von Praktika als personalpolitisches Instrument durch die Unternehmen aus. So widmet sich eine Abteilung "Students at Work" beim DGB der Aufarbeitung des Problems sowie der Bereitstellung von Informationen und Handlungshilfen für Betroffene. Beispielsweise ist ein Leitfaden für ein faires Praktikum im Internet online als pdf-file abrufbar.
Grundsätzlich ist ein Missbrauch durch einzelne Unternehmen ebenso wenig ausgeschlossen wie eine relativ weite Verbreitung eines solchen Missbrauchs. Abgesehen davon, dass eine solche Praxis gegen Vorschriften des für Praktika geltenden rechtlichen Rahmens verstößt, der im folgenden Abschnitt erläutert wird, ist sie auch mit den Grundgedanken einer zielorientierten unternehmerischen Personalpolitik nicht vereinbar, ja sie läuft ihnen zuwider.
Zielorientierte Personalpolitik
Moderne personalpolitische Konzepte setzen auf qualifizierte Mitarbeiter als dem entscheidenden Faktor der Wertschöpfung. Solche Mitarbeiter sind nach allen Erfahrungen auf Dauer nur durch anspruchsvolle und herausfordernde Aufgaben sowie beruflichen Erfolg und positive Zukunftsaussichten zu motivieren, nicht aber durch Druck und Perspektivlosigkeit.
Eine Kette von Praktika ohne Aussicht auf eine reguläre Beschäftigung wird vor allem frustrierte Hochschulabsolventen und damit für die Unternehmen uninteressante Bewerber hervorbringen. Positiv wirkt ein Praktikum nur, wenn es eine berufliche Perspektive bietet, die den Praktikanten zu besonderen Leistungen als Investition in die eigene Zukunft herausfordert.
Rechtlicher Rahmen
Praktikant ist, wer sich vorübergehend zwecks Erwerbs praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit und Ausbildung unterzieht, die keine systematische Berufsausbildung darstellt. Eine gesetzliche Regelung findet sich in § 19 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Diese Vorschrift erklärt §§ 3 ? 18 BBiG mit einigen Ausnahmen für anwendbar, soweit nicht ein Arbeitsverhältnis, sondern ein Praktikum vereinbart ist.
Die Arbeitsverhältnisse der Praktikanten sind im Praktikant/innen-Tarifvertrag (TV-Prakt) vom 22.03.1991 geregelt. Das Praktikum grenzt sich nach der gesetzgeberischen Intention von zwei Vertragsverhältnissen ab: Berufsausbildung und Arbeitsverhältnis.
Das Praktikum ersetzt daher prinzipiell kein reguläres Arbeitsverhältnis. Daraus ergeben sich drei wesentliche Konsequenzen:
- 1. das Lernen steht im Vordergrund
- 2. das Direktionsrecht des ?Arbeitgebers? ist im Hinblick auf die Arbeitsleistung entsprechend dem Lernziel eingeschränkt; die :
- Arbeitsleistung ist sekundär und darf nicht die Lernfunktion des Praktikums überlagern
- 3. der Einsatz ist zeitlich befristet
Das Praktikum muss angemessen vergütet werden; das ergibt sich aus § 10 BBiG, auf den § 19 BBiG Bezug nimmt. Die Angemessenheit der Vergütung richtet sich nach den konkreten Umständen des Praktikums; beeinflussende Faktoren sind die Aufenthaltsdauer im Unternehmen und der Status des Praktikanten (Studenten in der Regel mindestens 300,- ?; Absolventen mindestens 600,- ? pro Monat).
Rückt der Ausbildungszweck in den Hintergrund und wird der Praktikant in die tägliche Verrichtung der Arbeit sowie in die gesamte Betriebsorganisation fest eingeplant, wandelt sich das Praktikumsverhältnis in ein Arbeitsverhältnis beziehungsweise ist von Anfang an als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ? die Bezeichnung des Vertragsverhältnisses als Praktikumsverhältnis spielt dann keine Rolle.
In diesem Fall hat der Praktikant als Arbeitnehmer den vollen Lohnanspruch, der sich nach dem ggf. einschlägigen Tarifvertrag oder nach der Entlohnung vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb richtet. Diesen Lohnanspruch kann der Praktikant nötigenfalls vor dem Arbeitsgericht geltend machen. Um der schleichenden Wandlung eines Praktikumsverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis vorzubeugen, ist das Praktikumsverhälnis zeitlich limitiert; die Höchstdauer darf regelmäßig sechs Monate nicht übersteigen. Bei einer längeren Praktikumsdauer besteht die Gefahr, dass statt des Erwerbs neuer Fähigkeiten die Arbeitsleistung in den Vordergrund des Praktikums rückt.
In dem Praktikumsvertrag sollten festgeschrieben werden:
- Beginn Art und Dauer des Praktikums
- tägliche bzw. wöchentliche Arbeitszeit
- Höhe der Vergütung (ggf. Überstundenvergütung)
- Dauer des Urlaubs
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
- Kündigungsvoraussetzungen
Thesen zur sinnvollen Nutzung des Praktikums
- Praktikantenverhältnisse mit Hochschulabsolventen bieten Unternehmen die Chance einer vorgezogenen (und möglicherweise verlängerten) Probezeit als Grundlage für die Bewerberauswahl und dem Praktikanten die Möglichkeit, seine Qualifikation für eine dauerhaft zu besetzende Stelle schon im Vorfeld eines Dauerarbeitsverhältnisses zu beweisen.
Eine sinnvolle Nutzung des Praktikums als personalpolitisches Instrument setzt seine Beschränkung auf diese Ziele voraus. (Unberührt davon ist die Funktion des Praktikums als praktischer Bestandteil einer akademischen Ausbildung).
Die Gestaltung der Vertragsbedingungen sollte sich an diesen Zielen und der Tatsache orientieren, dass die Praktikanten ein Studium abgeschlossen haben und das Praktikum nicht vorwiegend dem Erwerb praxisorientierter Qualifikationen als Element eines akademischen Studienganges dient.
Ausgeschlossen bleiben sollte die Absicht, Akademiker zu weit unter den am Arbeitsmarkt geltenden vertraglichen Bedingungen zu beschäftigen (kein "Akademiker ? Discount").
Verschiedene Bestrebungen, die Bedingungen für solche Praktikantenverhältnisse tarifvertraglich festzulegen oder die Materie gesetzlich zu regeln, dürften eher kontraproduktiv im Hinblick auf ihre sinnvolle personalpolitische Nutzung sein.
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Autoren Fritz-Jürgen Kador Tobias Kador
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