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==Information und Kommunikation== | ==Information und Kommunikation== | ||
Die Unternehmen sollten sich aktiv mit dem Thema "Beruf und Pflege" beschäftigen, um bei Eintritt eines Pflegefalls im Sinne des Unternehmens und des Pflegenden reagieren zu können. Dazu gehört auch die Information und Sensibilisierung nicht nur der Führungskräfte, sondern der gesamten Belegschaft. Zielsetzung ist ein professionellerer Umgang mit Pflegebedürftigkeit und den sich daraus ergebenden individuellen und betrieblichen Konsequenzen. | Die Unternehmen sollten sich aktiv mit dem Thema "Beruf und Pflege" beschäftigen, um bei Eintritt eines Pflegefalls im Sinne des Unternehmens und des Pflegenden reagieren zu können. Dazu gehört auch die Information und Sensibilisierung nicht nur der Führungskräfte, sondern der gesamten Belegschaft. Zielsetzung ist ein '''professionellerer Umgang''' mit Pflegebedürftigkeit und den sich daraus ergebenden individuellen und betrieblichen Konsequenzen. | ||
Insbesondere bei seinen Kollegen trifft der Pflegende oft auf Unverständnis, da seine Situation auch das kollegiale Umfeld (Überstunden, Urlaubsplanung, Arbeitszeitgestaltung) betrifft. Hier kann von der Führungskraft oder der Unternehmensleitung deutlich gemacht werden, dass jeder von einer Pflegesituation betroffen werden kann. | Insbesondere bei seinen Kollegen trifft der Pflegende oft auf '''Unverständnis''', da seine Situation auch das kollegiale Umfeld (Überstunden, Urlaubsplanung, Arbeitszeitgestaltung) betrifft. Hier kann von der Führungskraft oder der Unternehmensleitung deutlich gemacht werden, dass jeder von einer Pflegesituation betroffen werden kann. | ||
Die Information umfasst aber nicht nur das Thema Pflege allgemein, das Untenehmen kann hier auch die eigenen Angebote für pflegende Mitarbeiter kommunizieren (Intranet, Schwarzes Brett etc.). | Die Information umfasst aber nicht nur das Thema Pflege allgemein, das Untenehmen kann hier auch die eigenen '''Angebote für pflegende Mitarbeiter''' kommunizieren (Intranet, Schwarzes Brett etc.). | ||
==Serviceangebote== | ==Serviceangebote== |
Version vom 25. Juli 2014, 10:03 Uhr
Der demografische Wandel wird aus personalpolitischer Perspektive vorrangig unter dem Aspekt alternder Belegschaften (Stichworte: Age Management, alter(n)sgerechtes Personalmanagement) oder Nachwuchskräftemangel (Stichwort: Employer Branding) betrachtet. Eine steigende Lebenserwartung bei gleichzeitigem Geburtenrückgang bedeutet außerdem einen steigenden Anteil pflegebedürftiger älterer Menschen.
Das statistische Bundesamt ermittelte für 2005 ca. 2,1 Mio. Menschen, die nach SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz) als pflegebedürftig gelten und prognostizierte für 2020 einen Anstieg auf 2,9 Mio. Bereits heute werden rund 1,4 Mio. der pflegebedürftigen Menschen zu Hause gepflegt, zum überwiegenden Teil von Frauen (73%).
Gleichzeitig sind 65% der Pflegenden noch im erwerbsfähigen Alter. 37% davon sind erwerbstätig. Unter dem Eindruck einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung mit zunehmendem Fach- und Führungskräftemangel besteht somit Handlungsbedarf für die Personalverantwortlichen, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege personalpolitisch umzusetzen. Zielsetzung ist die Vermeidung von Fluktuation und der Erhalt leistungsfähiger und -bereiter Mitarbeiter.
Rahmenbedingungen
Im Vergleich zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ("Child Care") sind im Fall der Pflege von Familienangehörigen aus personalpolitischer Sicht wesentliche Unterschiede zu beachten. Anders als bei der Familienplanung, tritt eine Pflegesituation häufig unvermittelt ein (zum Beispiel bei einem Schlaganfall oder einem Unfall). Darüber hinaus ist ihr quantitativer und qualitativer Verlauf (Intensität der Pflege, Dauer etc.) meist nicht einschätzbar.
Zusätzlich ist die Pflege eines kranken Menschen physisch und insbesondere psychisch besonders belastend. Der Mitarbeiter, der sich mit einer Pflegesituation auseinandersetzen muss, ist dementsprechend meist nur eingeschränkt belastbar (häufigere Krankmeldungen) und weniger produktiv. Unpünktlichkeit und ungeplante Arbeitsunterbrechungen sind Ursachen verminderter Produktivität.
Personalpolitische Konzepte müssen diese Rahmenbedingungen beachten um die Leistungsfähigkeit- und -bereitschaft des Mitarbeiters zu erhalten. Bisher gibt es keine gesetzlichen Regelungen zur Gestaltung der Pflegezeit. Bemühungen, einen gesetzlichen Pflegezeitanspruch zu etablieren (z.B. eine mehrjährige Freistellung zur Pflege), sind aus Sicht des Unternehmens, aber auch aus Sicht des Pflegenden nicht hilfreich.
Personalpolitisch sind informelle Regelungen auf betrieblicher Ebene vorzuziehen. Trotz der gerade erst beginnenden Diskussion über die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege gaben in einer Studie (BMFSFJ (Hrsg.) 2004) bereits 38% der Befragten an, dass in ihren Unternehmen informelle unbezahlte Freistellungen zur Pflege erkrankter Familienangehöriger möglich sind.
Personalpolitische Handlungsfelder
Die Hertie?Stiftung stellte 2007 in Zusammenarbeit mit der Prognos Ag erstmals einen umfassenden Praxisratgeber für den Bereich Elder Care vor. Die dort umrissenen Handlungsfelder sind unter anderen:
- Arbeitszeit
- Arbeitsort
- Personalentwicklung
- Führung
- Information und Kommunikation
- Ein Serviceangebot für pflegende Mitarbeiter ergänzt das personalpolitische Konzept Beruf und Pflege
Grundsätzlich ist zu sagen, dass sich insbesondere große Firmen und Organisationen dieses Themas seit geraumer Zeit angenommen und personalpolitische Konzepte umgesetzt haben.
Kleine und mittlere Unternehmen verfügen häufig nicht über ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen, um vergleichbar aktiv zu werden. Nachstehende Gestaltungsmöglichkeiten sollten, bezogen auf die spezifische Unternehmenssituation, individuell interpretiert werden und lediglich als Handlungsempfehlungen dienen.
Die Bedürfnisse der Pflegenden umfassen in der Regel folgende Bereiche: zeitliche und räumliche Gestaltung sowie finanzielle, informatorische und nicht zuletzt emotionale Unterstützung. In diesen Bereichen lassen sich relativ kostengünstig Maßnahmen zur Unterstützung der Pflegenden realisieren.
Arbeitszeit
Ein im Vergleich zur Kindererziehung schwierig zu kalkulierender Zeitbedarf macht eine weitere Flexibilisierung und Individualisierung der Arbeitszeit unter Beachtung betrieblicher Gegebenheiten notwendig. Gleit- und Teilzeitmodelle oder auch Job Sharing ermöglichen eine bessere Anpassung an die pflegerischen Anforderungen (größere Kompatibilität von Arbeits- und Pflegezeiten).
Auch die Einrichtung von Arbeitszeitkonten, die den Abruf von Zeitsparguthaben zur Freistellung ermöglichen, erleichtert die Bewältigung anspruchsvoller Pflegezeiten. Eine zu lange, gar mehrjährige Freistellung ist aus Sicht des Pflegenden jedoch nicht sinnvoll, da dieser seine beruflich bedingte Abwesenheit von der Pflegesituation häufig als Entlastung und daher als emotional stabilisierend empfindet.
Arbeitsorganisation und Arbeitsort
Bei der Gestaltung organisatorischer Prozesse sollte die besondere Situation Pflegender berücksichtigt werden. Deren eingeschränkte Flexibilität in zeitlicher aber auch räumlicher Hinsicht spielt z.B. bei betrieblich bedingter Mehrarbeit, bei der Urlaubsplanung oder auch bei Geschäftreisen eine wichtige Rolle.
Die Unternehmen sollten auch die Einrichtung von Tele- oder Heimarbeitsplätzen im Sinne eines Homeoffice in Betracht ziehen. Der Pflegende kann so die Arbeits- und Pflegesituation in örtlicher und zeitlicher Hinsicht besser synchronisieren.
Personalpolitische Maßnahmen hinsichtlich der Arbeitsorganisation, des Arbeitsortes sowie der Arbeitszeit haben einen entlastenden Charakter (flexible Gestaltung und Verteilung von Arbeitsaufträgen, Job-Sharing, kurzfristige Arbeitsfreistellung zur Betreuung kranker Kinder und bedürftiger Angehöriger).
Personalentwicklung
Pflegebedingt erzwungene Freistellungen gefährden die Qualifikation des Mitarbeiters. Um Dequalifikation zu vermeiden, muss das Wissen des Mitarbeiters auch über einen längeren Zeitraum hinweg erhalten und weiterentwickelt werden.
Die Kommunikation zwischen Unternehmen und Mitarbeiter sollte daher trotz dessen Abwesenheit unbedingt aufrechterhalten werden. Die schon genannte geringere Flexibilität macht auch die Fort- und Weiterbildung während der Anwesenheit des Mitarbeiters schwierig. Betriebliche Weiterbildungsangebote sollten demnach trotz der Schwierigkeiten vom Pflegenden wahrgenommen werden.
Führung
Die Führungskraft kann sich in formellen und/oder informellen Mitarbeitergesprächen über die individuelle Pflegesituation des Mitarbeiters informieren. Insbesondere für kleine Unternehmen besteht hier die Möglichkeit, individuelle Vereinbarungen im beiderseitigen Interesse zu treffen. Die Führungskraft sollte darüber hinaus ebenso in Vorträgen oder Seminaren zum Thema geschult werden, um für die besondere Problematik aufgestellt zu sein.
Information und Kommunikation
Die Unternehmen sollten sich aktiv mit dem Thema "Beruf und Pflege" beschäftigen, um bei Eintritt eines Pflegefalls im Sinne des Unternehmens und des Pflegenden reagieren zu können. Dazu gehört auch die Information und Sensibilisierung nicht nur der Führungskräfte, sondern der gesamten Belegschaft. Zielsetzung ist ein professionellerer Umgang mit Pflegebedürftigkeit und den sich daraus ergebenden individuellen und betrieblichen Konsequenzen.
Insbesondere bei seinen Kollegen trifft der Pflegende oft auf Unverständnis, da seine Situation auch das kollegiale Umfeld (Überstunden, Urlaubsplanung, Arbeitszeitgestaltung) betrifft. Hier kann von der Führungskraft oder der Unternehmensleitung deutlich gemacht werden, dass jeder von einer Pflegesituation betroffen werden kann.
Die Information umfasst aber nicht nur das Thema Pflege allgemein, das Untenehmen kann hier auch die eigenen Angebote für pflegende Mitarbeiter kommunizieren (Intranet, Schwarzes Brett etc.).
Serviceangebote
Serviceangebote für die Mitarbeiter ergänzen die personalpolitischen Maßnahmen. Die Angebote können sich von Inhouse-Seminaren über allgemeine Informationen zu:
internen und externen Ansprechpartnern (Wo bekomme ich Hilfe zu rechtlichen und finanziellen Fragen?; Wer sind kompetente Partner bei der Unterstützung von Pflegeaufgaben etc.) der Vernetzung mit außerbetrieblichen Ansprechpartnern (Sozialstationen, Altenhilfen, Pflegeeinrichtungen, ambulante Dienste etc.) bis hin zu individuellen Beratungsgesprächen erstrecken.
Oft ist die Bereitstellung von Informationsmaterial schon ein erster und für die Betroffenen entlastender Schritt.
Fazit
Kompetente Mitarbeiter können durch einen unternehmensspezifischen Maßnahmenmix bei der Bewältigung von Pflege und Arbeit unterstützt werden. Geringere Ausfallzeiten, positive motivationale Effekte der Betroffenen und eine ausgeprägte Unternehmensbindung sind nicht von der Hand zu weisende Vorteile für den Betrieb. Zudem steigert der Arbeitgeber seine Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt.
Die Etablierung verschiedener Maßnahmen ist teilweise mit einem nicht unerheblichen Mehraufwand verbunden, jedoch werden die Mitarbeiter die Leistungen des Unternehmens nicht nur im eigenen Bedarfsfall zu schätzen wissen. Die betrieblichen Maßnahmen geben allen Mitarbeitern (auch den nicht unmittelbar betroffenen) ein positives Signal. Das Unternehmen demonstriert Interesse und Unterstützungsbereitschaft gegenüber der eigenen Belegschaft.
Nachhaltig betrieben wirken solche Maßnahmen auch positiv auf die Unternehmenskultur. Dafür ist jedoch eine breite Akzeptanz der Mitarbeiter notwendig. Konzepte zur Unterstützung der Pflegenden sind gerade in kleineren Unternehmen, wo teilweise sehr individuelle Vereinbarungen zwischen Unternehmensführung und Pflegendem getroffen werden müssen, abhängig von der Akzeptanz der übrigen Kollegen.
Je geringer die Dispositionsmöglichkeiten eines Unternehmens im Bereich Personal sind, desto wichtiger ist die Flexibilität der übrigen Mitarbeiter. Führungskräfte sind für die Sensibilisierung im Unternehmen zuständig und können durch Aufklärung dafür Sorge tragen, dass die Maßnahmen auf Verständnis stoßen. Beispielsweise können Mehrbelastungen - durch einen kurzfristigen Arbeitsausfall verursacht - so auf eine breitere Unterstützung seitens der Belegschaft bauen.
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Autor Dr. Alexander Böhne A.Boehne(at)arbeitgeber.de
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