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Version vom 31. August 2015, 08:14 Uhr
Immer mehr Unternehmen müssen ihre Fachkräfte aus Zielgruppen gewinnen, die bislang nicht im Mittelpunkt des Interesses ihrer Personalbeschaffung standen: Ältere, gering Qualifizierte, Personen mit Migrationshintergrund, Wiedereinsteigerinnen und andere. Die Belegschaften werden heterogener und älter. Entsprechend werden sich immer mehr Unternehmen mit für sie neuen Ansprüchen, Gewohnheiten, Defiziten also personalbezogenen Risiken auseinander setzen müssen. Generell bedürfen die Risiken
- immer seltener die passenden Mitarbeiter zu finden beziehungsweise
- Schlüsselkräfte zu verlieren und nicht mehr ohne weiteres ersetzen zu können,
besonderer Aufmerksamkeit und eines für jedes Unternehmen sehr spezifischen Risikomanagements. Verantwortliche Unternehmenssteuerung wird ohne ständige Beobachtung dieser Risiken kaum mehr möglich sein.
In der Folge entwickelt sich der Personalverantwortliche ? auch im Mittelstand ? zum strategischen Partner der Unternehmensleitung.
Die Kompetenzen, die Personalmanager zunehmend benötigen werden, haben viele Facetten: Auf Mitarbeiterbindung und interne wie externe Arbeitgeberattraktivität gerichtete Handlungsfelder treten in den Vordergrund ? vor allem aber auch das Management der personalbezogenen Risiken durch ein Personalcontrolling beziehungsweise durch Kennzahlen, die geeignet sind, die jeweils unternehmensspezifischen Personalrisiken sichtbar zu machen und so zur Steuerbarkeit der Geschäftsprozesse beizutragen.
In Großunternehmen ist Personalcontrolling mit Hilfe einer kaum noch überschaubaren Vielzahl mehr oder weniger sinnvoller Personalkennzahlen weit verbreitet ? wenn auch oft noch nicht mit Fokus auf die durch zunehmenden Fachkräftemangel entstehenden Risiken. Allein wegen der unzureichenden und ungeeigneten Fokussierungen ist es für kleine und mittlere Unternehmen kein gangbarer Weg, Personalcontrollingkonzepte oder Personalkennzahlen von Großunternehmen zu übernehmen; Zudem braucht jedes Unternehmen seine eigenen spezifischen Kennzahlen, die von Zeit zu Zeit immer wieder auf ihren Nutzen hin zu überprüfen sind.
Personalbezogene Kennzahlen sind lediglich ein Teilaspekt von Personalcontrolling. Es ist zunächst zu empfehlen, dass ein mittelständisches Unternehmen, das seine personalbezogenen Risiken besser managen will, nicht gleich versucht, ein komplettes Personalcontrolling einzuführen, sondern erst einmal sein spezifisches Kennzahlentableau, bestehend aus einer überschaubaren Anzahl von Kennzahlen (zwischen 5 und maximal 20), entwickelt.
Generelle Bedeutung personalbezogener Kennzahlen für kleine und mittlere Unternehmen
Organisationen an sich können weder sich selbst noch ihre Umwelt wahrnehmen oder beobachten. Gleichwohl brauchen sie Selbstwahrnehmung und Umweltbeobachtung um überleben zu können. Sie sind also darauf angewiesen, sich ständig und möglichst systematisch mit den Wahrnehmungen und Beobachtungen ihrer Mitarbeiter und Führungskräfte zu "versorgen". Entsprechende Aufmerksamkeitsfokussierungen und Koordinationsleistungen gehören zu den wichtigsten Management- und Führungsaufgaben in einer Organisation. Die individuellen (auch kollektiven) Wahrnehmungsmöglichkeiten haben jedoch enge Grenzen und sind zufalls- und interessenbestimmt.
Was Führungskräften und Mitarbeitern nicht unmittelbar sichtbar ist ? etwa die Entstehung und Entwicklung bestimmter externer oder interner Trends über längere Zeit ? muss kontinuierlich gemessen werden. Kennzahlen sind hervorragende Möglichkeiten dafür und darüber hinaus auch der Fokussierung von Aufmerksamkeit in einem Unternehmen ? etwa in Verbindung mit der Definition standardisierter Berichtspflichten (zum Beispiel Personalberichte an die Geschäftsführung).
In einem Bild ausgedrückt: Ein Mensch kann unmittelbar wahrnehmen, ob er schwitzt oder friert, Schmerzen empfindet oder nicht. Nicht wahrnehmen kann er seine Blutfettwerte, seinen Blutdruck etc., obgleich dieses Nicht-Wahrgenommene für sein Überleben hoch bedeutsam ist. Ebenso werden mit Hilfe von Kennzahlen Vorgänge inner- und außerhalb von Unternehmen gemessen, die der individuellen Wahrnehmung der Mitglieder nicht ohne weiteres zugänglich, jedoch für ein Unternehmen überlebenswichtig sind.
Im Einzelnen haben (Personal-)Kennzahlen folgende Funktionen: Steuerungsinformationen bereitstellen, Berichtsinformationen geben, Informationen für die Kommunikation zu generieren sowie als Basis von Risikomanagement und als Frühwarnsystem. Personalkennzahlen, die keinen Bezug zur Wertschöpfung eines Unternehmens haben, sind überflüssig.
Generell ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das mitunter etwas übersteigerte Bedürfnis manches Managers zu messen in Bezug auf Personalangelegenheiten sehr enge Grenzen findet: generell nicht messen beziehungsweise durch Kennzahlen sinnvoll abbilden kann man Führungskompetenz, Zufriedenheit der Mitarbeiter, Mitarbeitermotivation, Teamgeist, Einstellungen, Persönlichkeitsmerkmale und ähnliches. Dafür braucht es grundlegend andere Instrumente der Mitarbeiterführung. Personalkennzahlen sind weiterhin wichtig für die Positionierung der Personalverantwortlichen in mittelständischen Unternehmen.
Sinnvolle Kennzahlen zur Bewältigung der Risiken der Fachkräftesicherung und deren Einführung
Die Erfordernisse der Fachkräftesicherung stellen sich für jedes Unternehmen sehr individuell und unter Umständen im Zeitverlauf unterschiedlich dar. Insofern ist die Selektion geeigneter Kennzahlen und deren periodische Überprüfung für ein Unternehmen eine Aufgabe, für deren Ergebnisse es keine Standards, für deren Verfahren es aber einige sinnvolle generelle Hinweise gibt.
Die folgende Auflistung enthält Bereiche, die allesamt ? mehr oder weniger ? wertschöpfungsrelevant sowie bedeutsam für die Sicherung des Fachkräftebedarfs eines Unternehmens sein oder werden können. Diese Auflistung kann einem Unternehmen dabei helfen, seine spezifischen Kennzahlen zu identifizieren.
Relevante Personalkennzahlenbereiche 1. (regionaler) Arbeitsmarkt 2. Personalstruktur 3. Qualifikationsstruktur 4. Weiterbildung 5. Personalkosten 6. Mitarbeiterproduktivität 7. Mitarbeiterflexibilität 8. Vielfalt / Diversity / Integration 9. Fluktuation 10. Krankenstände 11. Arbeitgeberattraktivität (intern, extern) 12. Personalmanagement 13. Wissensdokumentation 14. Personalplanung (für die kommenden 3 Jahre)
Die Bildung eines unternehmensspezifischen Kennzahlentableaus hat außerdem die auch für mittelständische Unternehmen gültigen Funktionalitäten des Pesonalmanagements im Blick:
Funktionen des Personalmanagements (Quelle: DGFP 2009)
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Diese Funktionen werden in allen Unternehmen ? zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich
intensiv - wahrgenommen unabhängig davon, ob sie formell definiert sind, oder nicht. Sie alle
weisen einen Bezug zur Wertschöpfung auf.
Bei der Definition von Kennzahlen kann sich ein Unternehmen in einem ersten Schritt an diesen Funktionen orientieren.
Sind die Kennzahlen definiert, muss jede einzelne in einem Kennzahlenblatt beschrieben werden.
Standardkennzahlenblatt für Personalkennzahlen
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Die folgenden Beispiele sind besonders wichtig und aussagekräftig für die Sicherung von Fachkräften. Über ihre Bedeutung für ein konkretes Unternehmen kann nur vor Ort entschieden werden. Sie zeigen jedoch eine für ein mittelständisches Unternehmen angemessene unkomplizierte Machart.
Kennzahlenbeispiele
Beispiel Flexibilitätsreserve
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Beispiel Altersstruktur
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Beispiel Dauer des Personalbeschaffungsprozesses
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Beispiel Quote erfolgreicher Einstellungen
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Betriebliche Vorgehensweise zur Einführung eines Personalkennzahlentableaus 1.Bestandsaufnahme 2.Selektion sinnvoller unternehmensspezifischer Kennzahlen 3.Beschreibung der Kennzahlen in Kennzahlenblättern 4.Zusammenstellung des Kennzahlentableaus 5.Datenerhebung und Datenquellen 6.Arbeiten mit Kennzahlen (strategisch, operativ, im Personalmanagement) 7.Bericht des Personalverantwortlichen an die Geschäftsleitung (Strukturvorschlag Personalbericht)
Autor
Dr. Thomas Hoffmann
t.hoffmann(at)rkw.de