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Version vom 17. Mai 2022, 11:48 Uhr
Wie meistern wir die Zukunft?
Wir können heute einigermaßen verlässlich vorhersehen, welches fachliche Wissen und welche Qualifikationen - und damit welche Kompetenzen der Zukunft - künftig benötigt werden. Die Studie des McKinsey Global Institute von 2018, "Automation and the future of the workforce", gibt exemplarisch einen Einblick. Ferner zeigt die Studie auf, dass soziale und emotionale Kompetenzen noch mehr an Bedeutung gewinnen. Im RKW sind wir ebenso davon überzeugt, dass Menschen - künftig noch mehr als heute - neben den erforderlichen fachlichen Qualifikationen auch sogenannte Metakompetenzen benötigen werden - genau hierauf fokussieren sich die Kompetenzen der Zukunft. Metakompetenzen werden auch als Schlüsselkompetenzen bezeichnet und befähigen uns, Probleme zu lösen, verschiedene Blickwinkel einzunehmen, Neues zu integrieren und Erfolge sowohl eigenverantwortlich als auch im Team zu realisieren.
Die Zeichen stehen auf Wandel
Wir schreiben den Schlüsselkompetenzen als Kompetenzen der Zukunft eine wachsende Bedeutung zu, da wir fest davon ausgehen, dass bereits in den nächsten fünf bis zehn Jahren enorme Umbrüche auf uns zukommen - getrieben vor allem durch den technologischen Fortschritt, aber auch durch die Folgen der Pandemieeindämmung, der grünen Wende und weiterer Megatrends. Die Zeichen stehen in den nächsten Jahren daher auf Wandel und wie immer bietet dies nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Die kommenden Jahre werden so, von vielen positiven Erneuerungen, aber auch von Unsicherheit, Suchprozessen und großem Veränderungsdruck geprägt sein. Deshalb richtet sich unser Ansatz zu den Kompetenzen der Zukunft vor allem auf die Schlüsselkompetenzen, die Menschen in Organisationen dabei unterstützen, diesen Umwälzungen gewachsen zu sein.
Denn bereits heute ist sichtbar, dass...
...der Druck, Veränderungen und Innovationen hervorzubringen, dem Streben von Personen und Organisationen nach Stabilität entgegensteht und so zu Umsetzungsschwierigkeiten führt.
...die ständig zunehmende Komplexität die Suche nach Orientierung und Planungssicherheit sowie das praktische Handeln erschwert.
...die zunehmenden Veränderungen in der Unternehmensumwelt und die immer schneller wachsende Vermehrung an Wissen und technologischen Möglichkeiten es zunehmend anspruchsvoller machen, relevante Chancen und Risiken zu identifizieren und einzuordnen.
...Entscheidungen zunehmend als (über)komplex erlebt werden.
...immer häufiger Probleme gelöst werden müssen, die sich nicht mehr allein durch mehr Fachwissen, die Nutzung vergangener Erfolgsrezepte oder einfacher Tools lösen lassen.
...erfolgreiche Zusammenarbeit und Kreativität immer wichtiger werden.
Die fünf Kompetenzen der Zukunft - und eine Basiskompetenz
Wie können Menschen mit diesen und anderen Dynamiken umgehen und dabei die Anforderungen der anstehenden Transformationsprozesse bewältigen? Neben der Recherche verschiedener Studien und der Fachliteratur haben wir unsere eigenen Erfahrungen aus zahlreichen Coachings, Workshops und Betriebsprojekten ausgewertet und diese mit Expertinnen und Experten aus der Praxis diskutiert. Das Ergebnis sind fünf Kompetenzen der Zukunft sowie eine Basiskompetenz, von denen wir überzeugt sind, dass sie Menschen in Organisationen unterstützen, bekannte und unbekannte Herausforderungen zu bewältigen:
Surf- oder Emotionskompetenz
Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber Du kannst lernen zu surfen - Jon Kabat-Zinn
Für unsere Resilienz und Selbstführung ist es wichtig, einen fruchtbringenden Umgang mit unangenehmen Gefühlen wie Angst, Unsicherheit oder auch Ärger und Ohnmacht zu finden. Diese sind in einer unsicheren und sich stetig wandelnden Welt unvermeidbar. Statt uns von unseren unliebsamen Gefühlen und Eindrücken überwältigen zu lassen, können wir lernen, mit diesen produktiv umzugehen. Bildlich gesprochen können wir lernen, uns von Eindrücken und Gefühlen - ähnlich zu einer Welle - nicht mehr voll erfassen und runterziehen zu lassen, sondern auf ihnen zu "surfen": Wir nehmen die Gefühle bewusst wahr, ohne diese - und das ist der Schlüssel - abwehren zu müssen. Dadurch kann die vereinnahmende Kraft negativer Gefühle und Eindrücke abgeschwächt werden und wir gelangen schneller in unser volles Handlungsspektrum zurück.
Kontakt- und Beziehungskompetenz
In den Beziehungen zwischen Menschen gibt es so wenig einen Stillstand wie im Leben des Einzelnen - Arthur Schnitzler
Für erfolgreiche Zusammenarbeit und eine Kultur, die Veränderungen gegenüber offen gesonnen ist, braucht es echte Begegnung zwischen den Menschen. Wenn wir von einem trennenden oder distanzierten Blick auf "die da" zu einer aufeinander bezogenen und verbundenen "Wir-gemeinsam"-Haltung wechseln, können wir tragfähige und belastbare Beziehungen entwickeln. Diese fördern die Freisetzung menschlicher Potenziale, die Veränderungsbereitschaft und einen Teamspirit, welcher auch in schwierigen Zeiten Bestand hat. All dies steigt in seiner Bedeutung, wenn Hierarchien reduziert und mehr Verantwortung auf Mitarbeitende und Teams übertragen werden.
Komplexitätskompetenz
Entscheide lieber ungefähr richtig, als genau falsch - Johann Wolfgang von Goethe
Wir werden immer öfter mit steigender Komplexität konfrontiert. Hohe Komplexität entzieht sich jedoch der Planbarkeit sowie dem Kausalitätsprinzip nach Ursache und Wirkung, weshalb Agieren auf Basis von Expertise und bewährten Lösungen nicht immer zum Ziel führt. Es ist daher wichtig zu erkennen, wann Probleme durch mehr Fachwissen gelöst werden können und wann dies nicht der Fall ist. Trifft Letzteres zu, ist die Bereitschaft, Verantwortung an Teams abzugeben und viele weitere Perspektiven in den Lösungsprozess hinzuzuziehen, hilfreich. Ebenso hilfreich ist es, unsere Haltung vom "Ich weiß, wie es geht!" hin zu einem "Ich weiß nicht, wie es geht!" zu öffnen. Gerade die Offenheit gegenüber dem "Nichtwissen" ist eine Voraussetzung, sich auf Neues einzulassen und vom Modus des langfristigen Planens und Wissens hin zum Modus des neugierigen Ausprobierens zu gelangen.
Paradoxiekompetenz
Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr - Martin Walser
Paradoxien gehören zu einer modernen Arbeitswelt dazu und sowohl Organisationen als auch wir als Menschen betrachten sie noch meist als Dualität, die eine "Entweder-oder"-Entscheidung braucht. Im betrieblichen Alltag kann das zum Beispiel "Spezifizieren vs. Diversifizieren" oder "Innovieren vs. Erhalten" sein. Die Natur von Paradoxien ist es jedoch, dass wir sie nicht durch eine einmalige Entscheidung auflösen können, vielmehr brauchen wir die Fähigkeit, Paradoxien als solche zu erkennen und adäquat zu bearbeiten: Eine abwägende Haltung, die "sowohl als auch", "beides", "keins von beiden" oder "etwas ganz anderes" berücksichtigt statt nur "entweder ... oder", hilft uns, Gegensätze zu erkennen. Wir erhalten dadurch eine größere Flexibilität im Umgang mit paradoxen Situationen, erkennen die Konsequenzen unserer Entscheidung klarer und können diese in die Lösungsfindung bewusst integrieren.
Generative Kompetenz
Wege entstehen dadurch, dass man sie geht - Franz Kafka
Potenziale innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu erkennen und zu heben, wird vermehrt von Bedeutung sein: Sei es, um auftretende Chancen zu nutzen, ausgetretene Pfade zu verlassen, dringend benötigte Innovationen zu ermöglichen, die Identität des Unternehmens zu ändern oder die internen Arbeits-weisen und Strukturen anzupassen. Innovationen lassen sich jedoch nur eingeschränkt nach festen Zielvorgaben planen und brauchen ein gewisses Maß an nicht zielgerichtetem "Entstehenlassen". Aber auch geplante Innovationen profitieren davon, dass verschiedene Perspektiven genutzt, die Sorge vor Fehlern reduziert und mit kleineren Prototypen der Kontakt zur Zielgruppe gesucht wird.
Achtsamkeit als Basiskompetenz
Innehalten - Betrachten, Empfinden - Besinnen, Anders weitermachen - Otto Pötter
All diese Kompetenzen bedingen eine gewisse Selbstreflexionsfähigkeit, die wir in unserer Arbeit als Basiskompetenz der Achtsamkeit beschreiben: Intuition, die Eigenwahrnehmung, Gefühle (angenehme und unangenehme) und auch unser Körperempfinden sind wertvolle Verbündete für unseren Verstand und unsere Tools - gerade dann, wenn sich Herausforderungen nicht allein durch unseren Verstand lösen lassen. Große Konzerne wie SAP oder BMW haben dies erkannt und entsprechende Schulungsangebote gehören bereits heute zum Standard. In unserem Projekt Smart³ erarbeiten wir aktuell ein Modell, das für kleine und mittelständische Unternehmen und deren Mitarbeitende gemacht ist und diese dabei unterstützt zu erkennen, welche Kompetenzerweiterungen sinnvoll sind und wie diese gefördert werden können.
Ein wesentlicher Aspekt der Achtsamkeit ist, dass wir unsere gewohnten Schemata von Reiz und Reaktion beobachten lernen. Das versetzt uns in die Lage, jedes Mal neu die Frage zu stellen, ob die gewohnte Reaktion wirklich die passende zur Lösung der Aufgabe ist. Dadurch können wir mehr Freiheit und Flexibilität in unserem Handeln erlangen - beides wird für den Umgang mit den künftigen Herausforderungen wichtig sein. Beispielsweise gilt dies für den Umgang mit großem Druck, Konflikten mit "schwierigen" Menschen oder unsicheren Situationen. Achtsamkeit ist auch eine Voraussetzung für das Erkennen paradoxer Fragestellungen oder komplexer Aufgaben, die eine andere Herangehensweise erfordern. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die eigene Wirkung und Handlungsfähigkeit als Mensch in einem anspruchsvollen Umfeld.
Fazit
Was uns wichtig ist: Es muss keine Meisterschaft mit den beschriebenen Kompetenzen angestrebt werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass zum einen nicht alle Kompetenzen für jede oder jeden gleichermaßen wichtig sind und zum anderen bereits kleine Änderungen, Inspirationen oder ein Haltungswechsel ihre Wirkung im Arbeitsalltag entfalten und so den unternehmerischen und persönlichen Erfolg unterstützen.
Unterstützung und Vertiefung
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Autor
hertling(at)rkw.de