Kann man ein Team überhaupt entwickeln, beraten oder coachen? Wer ist das ?Gegenüber?? Wodurch wird eine Gruppe von Personen zum Team? Welche Rolle spielen dabei die Beziehungen der Personen untereinander, Kommunikationsmuster, Aufgaben und Ziele und vieles andere mehr? An dieser kleinen Auswahl von Fragen kann man schon ermessen, in welch komplexes Gelände man sich begibt, wenn man sich der Entwicklung von Teams widmet. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick dazu, was es mindestens zu bedenken gilt und welche Schwerpunkte sich anbieten, wenn man Teams entwickeln möchte. Ein konkretes Vorgehen für Teams in Veränderungsprozessen wird genauer erläutert.
Grundlagen: Was macht ein Team zum Team?
Jedes Team ist eine Gruppe,? Gruppen ?bestehen? aus Personen, ihren Beziehungen untereinander und den Mustern die sich dabei bilden. Dieses ?Eigenleben? nennt man in der Psychologie Gruppendynamik: Bewegungen des Netzwerks von Beziehungen, die aufeinander reagieren, einander beeinflussen, stören, unterstützen, erschweren, entmutigen, mit Konflikten versorgen, mit mehr Nähe oder Distanz, mehr Vertrauen oder Misstrauen. Solche Beziehungsmuster bestehen nicht unabhängig von Personen, reduzieren sich aber eben auch nicht auf sie. Damit sie entstehen können, bedarf es einer gewissen Zeit. Darum unterscheiden sich auch Gruppen von Menschenansammlungen. Für diejenigen, die Teams in ihrer Entwicklung unterstützen wollen, heißt das: Sie beraten nicht Personen, sondern Ihr ?Beratungs-Gegenüber? sind diese sich ständig neu bildenden und verändernden Beziehungsmuster.
? aber nicht jede Gruppe auch ein Team. Ein Team bildet sich, wenn eine Gruppe eine gemeinsame Aufgabe bzw. eine gemeinsame Zielsetzung bekommt. Es gibt einen gemeinsamen Aufmerksamkeits- und Handlungsfokus: Wir besteigen die Eigernordwand, rudern im Achterboot bei den Weltmeisterschaften, entwickeln einen neuen Motor oder sind in der Firma XY für das Marketing für Norddeutschland zuständig. Je loser die Themen und Mitglieder miteinander verbunden sind, desto mehr ist die Gruppe nur ein ?Interaktionsereignis? wie z.B. im Bahnabteil. Je fester die Themen (Ziele), Struktur (Rollen) und Mitglieder (Ausweis), desto mehr ist die Gruppe ein ?Arbeitsteam?. Hat ein Team ein Ziel, dann hat es gleich zwei Herausforderungen zu bewältigen, die nicht immer leicht zu vereinbaren sind: Es muss das Ziel einerseits so stabil halten oder anpassen können, dass es im Hinblick auf die Außenwelt erfolgreich ist. Andererseits muss es das Ziel bzw. die Aufgabe so gestalten, dass die Teammitglieder motiviert bleiben und nicht davonlaufen. Schließlich ist es in der Regel nur erfolgreich, wenn durch die Zusammenarbeit Synergieeffekte entstehen ? wäre Einzelkämpfertum ausreichend, müsste die Gruppe ja nicht zum Team werden.
Grundprinzipien: Wie kann man Teams entwickeln?
Sein Heil in Methoden und Tools zu suchen ist der bedeutsamste Fehler, den man als Teamentwickler machen kann. Den sich ständig neu bildenden und verändernden Beziehungsmustern als ?Beratungs-Gegenüber? kann nur ein situatives Vorgehen gerecht werden, d.h. das Reagieren auf den Moment in dem beispielsweise plötzlich etwas sichtbar oder unverhofft möglich wird. Den Verlauf sozialer Prozesse kann man nicht planen und aus dieser Perspektive verbietet es sich geradezu, ein standardisiertes Vorgehen zu wählen, nach dem Motto: So geht Teamentwicklung! Ebenso verbietet es sich ? auch wenn dies weit verbreitet ist ?, vorab einen (unabänderlichen) Plan zu machen, wie eine mehrtägige Teamentwicklung ablaufen soll. Daraus folgt, dass die eigene Sicherheit im Umgang mit Unsicherheit die Basis der Beratungsarbeit ist. Und die ist kein Ergebnis von Wissen, sie besteht auch nicht im Erlernen von Fertigkeiten und Fähigkeiten. Es braucht in allererster Linie ein Aussöhnen mit eigenen Ängsten, mit dem Loslassen vom Antrieb, es gut machen zu müssen und sich oder anderen etwas beweisen zu müssen. Ängste lieben lernen, so könnte man sagen, ist die vornehmste Aufgabe, der sich ein Teamentwickler stellen sollte. Denn wer seine eigenen Ängste abwehren muss, der wird andere Menschen und Teams nicht unterstützen können, sich auf angstauslösende Veränderungen einlassen zu können. Tools und Techniken können natürlich dabei unterstützen, sind aber immer mehr oder weniger austauschbar und eine Frage des persönlichen Stils. Wer allerdings ohne theoriegestützte Prinzipien arbeitet, dessen Vorgehen wird immer von einer Beliebigkeit geprägt sein, und man wird Gefahr laufen, etwas, das in dem einen Fall funktioniert hat, naiv auf andere Fälle zu übertragen. Ein wesentliches Prinzip, nach dem die Autoren arbeiten ist: Verändern kann sich nur, was bewusst ist und benannt werden kann. Das heißt, für Veränderungsprozesse ist es zum einen notwendig, dass etwas erlebt wird. Ausschließlich mit rationalem Verstehen kommt man nicht recht weit. Zum anderen muss das, was erlebt wird, in einen Zusammenhang gebracht werden. Es muss einen gemeinsamen Sinn bekommen. Wenn etwas nicht kommunizierbar ist, dann ist es in einem sozialen System wie einem Team nicht gezielt veränderbar.
Relevante Ansatzpunkte für die Teamentwicklung
Der Soziologe N. Luhmann (1987) hat sehr stringent herausgearbeitet, dass sich soziale Systeme wie Teams in drei Sinndimensionen bewegen: der Sach-, der Sozial- und der Zeitdimension. Wie lässt sich das verstehen und in der Teamentwicklung nutzen?
Sachdimension Diese Dimension wird in Teamentwicklungen gern vernachlässigt, die ?Verbesserung? der Beziehungen gilt als Wert an sich. Zu Recht verliert man dann viele Führungskräfte, die eben verstehen wollen, warum man sich verstehen muss. Der Ansatzpunkt sollte deshalb immer die Aufgabe bzw. Zielsetzung sein, die das Team erst zum Team macht. Alles, was ein Berater tut, sollte sich darauf beziehen: auf die Unterstützung des Teams bei der Erfüllung seiner Aufgaben und Ziele. Nicht zuletzt führen Unklarheiten auf dieser Ebene häufig auch zu Beziehungsschwierigkeiten.