Hochsensibilität im Betrieb: Kreativität, Produktivität und Innovation fördern
Kennen Sie hochsensible Mitarbeiter in Ihrem Betrieb? Es kann sich lohnen, genauer hinzuschauen. Vermeintliche Schwächen können sich als Stärken herausstellen. Mit Know-How zum Thema Hochsensibilität können Sie Schwachstellen im Arbeitskontext aufdecken und eine Arbeitsatmosphäre schaffen, die einen Nährboden für Kreativität, Produktivität und Innovation schafft. Erfahren Sie mehr über erweiterte Handlungsspielräume. Jede Führungskraft hat im Laufe ihrer Laufbahn dieses Phänomen erlebt: Ein sonst so geschätzter und produktiver Mitarbeiter fällt plötzlich auf. Er leistet weniger, macht zunehmend Fehler, meldet sich häufiger krank und wirkt insgesamt zurückhaltend bis resigniert. Alle Versuche, mehr Arbeitsleistung zu forcieren, schlagen ins Leere. Was tun? Gründe kann es viele geben. Statistisch nicht unwahrscheinlich ist, dass dieser Mitarbeiter zu den etwa 20% derer gehört, die hochsensibel sind. Mit potenzialfördernden Werkzeugen kann der Zusammenarbeit wieder Auftrieb gegeben werden.
Was ist Hochsensibilität?
Hochsensibilität ist eine besondere Wahrnehmungsbegabung; der wissenschaftliche Begriff lautet ?sensory processing sensitivity? (Sensibilität für Sinnesverarbeitung). Hochsensible Menschen nehmen Informationen aus ihrer Umwelt zahlreicher und intensiver wahr als andere, verarbeiten diese tiefer und stellen den Informationsgehalt automatisch in den Kontext ihrer bisherigen Erfahrungen. Etwa jeder fünfte bis sechste ist überdurchschnittlich sensibel und verfügt über ein hochreaktives Nervensystem. Diese besondere Art der Informationswahrnehmung und ? verarbeitung ist genetisch veranlagt, wird durch psychosoziale Erfahrungen mitbestimmt, kommt unter Frauen und Männern gleich häufig vor und ist wissenschaftlich nachweisbar (siehe Kapitel ?Weiterführende Literatur?).
Warum sind hochsensible Mitarbeiter im Betrieb wertvoll?
Dynamische, immer komplexer werdende Märkte erfordern dynamische Teams. Diese Teams zeichnen sich gerade durch ihre unterschiedlichen Bildungsbiografien, Herkünfte und Erfahrungen aus. Weniger im Fokus der Personalpolitik standen bisher die Kreativitätspotenziale einzelner Mitarbeiter, die mit der neuen Komplexität und den sich stets verändernden Märkten besonders gut zurechtkommen. Gerade hochsensible Mitarbeiter besitzen ein ausgeprägtes Vermögen, Komplexität in einzelnen Facetten zu erfassen sowie innovative und kreative Ideen zu entwickeln, weil ihr Gehirn Informationen anders verarbeitet. Auch können hochsensible Mitarbeiter häufig die Erfolgsquote und Gefahren bestimmter Entscheidungen treffsicher abschätzen. Der Grund dafür ist, dass jede Alltagssituation für sie mehr und intensivere Informationen zur Verfügung stellt. Deswegen sind sie besonders erprobt darin komplexe Sachverhalte, zahlreiche Informationen und Perspektiven auf ?unorthodoxe? Weise miteinander in Beziehung zu setzen und zielführende Lösungen daraus abzuleiten. Dabei bedienen sich Hochsensible mitunter ihrer ausgeprägten Intuition, mit der sie auch frühzeitig Strömungen und Trends erkennen können. Im Team sind hochsensible Mitarbeiter prädestiniert dafür, die Funktion eines ?Brückenbauers? einzunehmen und damit einen wertvollen Beitrag zur gemeinsamen Lösungsfindung zu leisten. Denn sie denken über das reine Abwägen von Pro- und Kontra-Argumenten hinaus, lesen zwischen den Zeilen und sind dadurch in der Lage, die vielfältigen Perspektiven der Teammitglieder zu synchronisieren. Somit entstehen besondere Synthesen und Potenzial für neue Produkte und Lösungen.
Wie kann ich Hochsensible erkennen?
Hochsensibilität ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Außerdem sind sich hochsensible Menschen über ihre Eigenschaft häufig selbst nicht bewusst. Es gibt allerdings verschiedene Indizien, die auf Hochsensibilität hinweisen können:
- Besonders kreatives Potenzial
- Unkonventionelles Denken
- ?Blick über den Tellerrand?
- Differenzierte Aussagen
- Erhöhter Zeitaufwand zur Aufgabenlösung
- Ausgeprägter Blick für Feinheiten und Details
- Tendenz zu Perfektionismus
- Ausgeprägte Intuition
- Vermögen sich in das Gegenüber hineinzuversetzen
- Scheinbar schüchternes, zurückhaltendes Verhalten
- Häufige Gedankensprünge, Nervosität, Unsicherheit
- Verstärkte Reaktionen auf Veränderungen
Welchen Einfluss haben betriebliche Bedingungen auf hochsensible Mitarbeiter?
Hochsensible Mitarbeiter verarbeiten Reize in der Regel auf einem relativ hohen Sensibilitätsniveau, d. h. sie nehmen nicht nur mehr Reize auf als andere, sondern nehmen sie auch intensiver wahr. Die eigenen Bewältigungspotenziale entscheiden dann darüber, ob die Reize eher als Disstress (negativ/belastend) oder Eustress (positiv/anregend) empfunden werden. Disstress vermindert vorhandene Ressourcen und kann im Endeffekt zu psychischen oder körperlichen Erkrankungen führen. Eustress hingegen kann die inneren Ressourcen stärken sowie die eigene Kreativität und Produktivität fördern. Daher ist es ratsam, hochsensible Mitarbeiter möglichst bei ihrer Reizbewältigung aktiv durch betriebliche Maßnahmen zu unterstützen. Das können manchmal bereits kleine Anpassungshilfen durch Vorgesetzte, Teampartner und/oder Kollegen sein. Auch eine gesunde Work-Life-Balance (mit genügend Zeit für Familie und Freunde) kann dazu beitragen. Den Einfluss betrieblicher Bedingungen auf hochsensible Mitarbeiter veranschaulicht das folgende Modell:?
Hochsensible Mitarbeiter: Betriebliche Einflussfaktoren und deren Auswirkungen
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© Hoberg, I. (2016)