1. Coaching ? Was ist das eigentlich?
Einem gängigen Verständnis folgend (in Anlehnung an die Definition des Deutschen Bundesverbandes Coaching) bezeichnet Coaching
?eine professionelle Form der Beratung, Begleitung und Unterstützung von Personen in ihrer berufli-chen Rolle. Ziel ist nicht die Lösung der Probleme des Kunden oder der Klientin, sondern die Erweiterung von deren Handlungs- und Leistungsfähigkeit im Umgang mit relevanten beruflichen wie auch persönlichen Herausforderungen. Dies bedeutet vor allem die Unterstützung der Selbstwahrnehmung, -achtsamkeit und -reflexion und damit der Selbststeuerungsfähigkeit. Also Erweiterung der Handlungsspielräume der Person.?
Mit dieser Definition ist Coaching vor allem abgegrenzt gegenüber
- Psychotherapie, die psychische Erkrankungen behandelt
- Fachlicher Beratung (z.B. Rechtsberatung), die einen klaren Fokus auf Inhalte und sachliche Problemlösungen hat
- Trainings, welche die Veränderung und den Neuerwerb von Verhaltensabläufen in bestimmten Situationen bezwecken
2. Beratungsformate
Es gibt viele Coachingformate. Wenn man die o.g. Begriffsbestimmung zugrunde legt, sind die folgen-den sicherlich die häufigsten:
Einzelcoaching im privaten und/oder beruflichen Kontext: Einzelpersonen wird - mitunter schmerzhaft - bewusst, dass sie sich in ihrem Leben immer wieder in den gleichen Mustern bewegen, und sie spüren zunehmend ein Bedürfnis, ihre Handlungsspielräume zu erweitern, z.B. beruflich aufzusteigen oder gar sich grundlegend beruflich zu verändern. Es wird ihnen klar, dass ein ?fremder Blick? in einem vertrauensvollen Rahmen dabei sehr hilfreich sein könnte. Vielleicht haben sie aber auch bereits umfängliche Erfahrungen mit (therapeutisch unterstützten) Veränderungsbemühungen gemacht. Das Gefühl, eingeengt zu sein, ist aber geblieben, oder sogar noch gewachsen. Ein gutes Coaching unterstützt sie dabei, ihr Bedürfnis nach erweiterten Handlungsspielräumen zu leben und gleichzeitig darin, sich intensiv dem zuzuwenden, was sie dabei einengt.
Gruppencoaching für Teams und Arbeitsgruppen: Eine Arbeitsgruppe oder ein Team verfolgt ein gemeinsames Ziel und bearbeitet gemeinsame Aufga-ben, die ein Einzelner nicht bewältigen könnte. Das kann nur gelingen, wenn dabei zugleich immer auch der Erhalt der Gruppe sichergestellt wird. Gruppencoaching unterstützt daher beides: die Ziel- und Aufgabenfokussierung und den Erhalt der Gruppe. Konflikte werden dabei als unvermeidlich betrachtet und können sowohl für die Leistungen einer Gruppe als auch für ihre Stabilisierung sehr fruchtbar werden, solange sie nicht ? als ?kalte Konflikte? ? im Verborgenen dauerhaft schwelen.
Businesscoaching für Führungskräfte in Unternehmen/Organisationen: Führungskräfte fühlen sich häufig chronisch überfordert in ihrer Rolle. Dies dürfen sie in vielen Organisationen jedoch nicht zeigen, weil sie dafür persönlich verantwortlich gemacht werden würden: Der Mythos von der persönlichen Führungsstärke des Chefs als Erfolgsgarantie für eine Gruppenleistung scheint unausrottbar. Das hier (in diesem Text) zugrundeliegende Coachingverständnis sieht Führung dagegen als Leistung eines sozialen Systems, die viel mehr auf Dialog- und Empathiefähigkeit der Beteiligten, als auf individueller Stärke und (Über-) Anstrengung eines Einzelnen beruht. So verstanden unterstützt Coaching Führungskräfte primär in ihrer Resonanzfähigkeit gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Strategiecoaching für Geschäftsführer*innen: Geschäftsführer kleiner oder mittlerer Unternehmens benötigen mitunter einen Sparringspartner, der nicht Teil ihres Systems (Unternehmens) ist und Strategiekompetenz und gleichzeitig Coachingkompetenz mitbringt. Relevante Fragen können sein: Ist mein Unternehmen im Wettbewerb noch richtig positioniert angesichts erwartbarer Marktveränderungen? Ist das Unternehmen mit seiner Organisation und seinem Personal passend aufgestellt für meine (ambitionierten) Ziele? Sind meine Ziele zukunftsfähig oder vielmehr Teil eines (riskanten) persönlichen Problems? Passen meine persönliche Situation und meine Lebensplanung zu meiner Position als Geschäftsführer*in?
3. Wirksamkeit
Jenseits der vielen Versprechungen auf Coaching-Webseiten - um die gewünschten Erfolge und Ziele zu erreichen, ist diese Kernfrage zu beantworten:
Wie und wodurch kann mit Hilfe von Coaching Wirksamkeit im Sinne erweiterter Handlungsspielräume beim Kunden entstehen (und wodurch nicht)?
Diese Frage beschäftigt Jeden, der sich einem Coach anvertraut, auch wenn er sie nicht immer bewusst stellt. Ein Coach sollte sie in jedem Fall beantworten können.
Zunächst eine möglicherweise provozierende Vorbemerkung:
Die Wirksamkeit von Coaching hat rein gar nichts mit Versprechungen eines Coaches zu tun, dass der Kunde seine Ziele erreicht und Lösungen für seine Probleme findet - so attraktiv solche Verlockungen auch daher kommen mögen. Versprechungen dieser Art sind vielmehr kontraindiziert. Das wird im Folgenden deutlich werden.
Ich möchte sieben Wirkfaktoren in den Mittelpunkt stellen, die nach meiner Erfahrung besonders wichtig für die Erfolgsaussichten eines Coachings sind. Kunden, die sie kennen und nutzen, um einen passenden Coach zu finden, haben damit schon einmal eine solide Ausgangsbasis.
1. Fokus auf Selbsthemmung
2. Blick von außen
3. Arbeiten mit verschiedenen Persönlichkeitsanteilen
4. Allparteilichkeit
5. Fokus auf Erweiterung innerer Freiheitsspielräume
6. Arbeiten mit Gefühlen
7. Angebot authentischer Eigenresonanz des Coaches
3.1 Fokus auf Selbsthemmung: Wie hindere ich mich am Wachsen?
Jeder weiß: Wer versucht, mit angezogener Handbremse Auto zu fahren (womöglich ohne es zu merken), kommt nicht recht vorwärts - egal, welches Ziel er sich gesetzt hat.
Ein Beispiel: Ein Manager, der bestrebt ist, in seinem Verantwortungsbereich seine Bereichsziele ohne Rücksicht auf Verluste von oben nach unten durchzusteuern und dabei ausblendet, wie abwertend er seine Untergebenen behandelt, wird im Coaching sehr wahrscheinlich versuchen, seinen ungünstigen Führungsstil zu perfektionieren, weil er gar nicht bemerkt, wie sein eigenes Verhalten seine Leute (und auch ihn selbst) blockiert und Leistungspotenziale ausbremst. Für diesen Manager ist ein Versprechen eines Coaches sehr attraktiv: Mit mir erreichst Du (noch bes-ser) Deine Ziele. Denn mit seinen selbst verursachten Blockaden will er nichts zu tun bekommen. Ein Coaching, das ihn darin unterstützt, effizienter ?mit angezogener Handbremse zu fahren?, kann ihm vielleicht sogar kurzfristige Erfolge bescheren. Auf Dauer aber wird er nicht wirklich erfolgreich sein können bzw. (um im Bild zu bleiben) nur so schnell fahren können, wie man eben mit angezogener Handbremse maximal fahren kann.
Da solche Fälle in Coachingprozessen durchaus häufig auftreten, hängt deren Wirksamkeit sehr davon ab, dass die Anliegen, mit denen ein Kunde ins Coaching kommt, zu Beginn genau daraufhin untersucht werden, ob sie dem Kunden wirklich nützen oder ihm eher schaden. Bildlich gesprochen: Will der Kunde zukünftig besser mit angezogener Handbremse Auto fahren oder hat er unbewusst nicht vielmehr das Bedürfnis, die Handbremse zu lösen und freier zu fahren?
Auf eine entsprechende Untersuchung zu verzichten und mit dem Kunden unreflektiert nur an der Umsetzung der von ihm eingebrachten Ziele zu arbeiten, bedeutet sehr häufig, ihn mit seinen wirklich wichtigen Problemen allein zu lassen ? und das, was Coaching eigentlich ausmacht (etwa im Unterschied zu einer Rechtsberatung) zu verfehlen.
Jenseits aller Konzepte und Tools braucht ein Coach die Kompetenz, die wirklichen Wachstumsbedürfnisse eines Kunden wahrzunehmen und zu adressieren, d.h. von den selbsthemmenden Anteilen zu unterscheiden und beides der Selbstwahrnehmung des Kunden zugänglich zu machen. Besonders die Selbsthemmungen und -blockaden des Kunden müssen ggf. intensiv bearbeitet werden. Erwünschte Veränderungen passieren dann nicht selten fast von selbst.
3.2 Blick von außen: Was sehe ich nicht, das Du siehst?
Jeder kennt das Kinderspiel: ?Ich sehe was, das Du nicht siehst?. In diesem Spiel sieht ein anderer Spieler aus einer anderen Perspektive etwas anderes als sein Mitspieler. Das Spiel funktioniert gut, weil niemand gleichzeitig alles sehen kann und insofern Ausblenden immer notwendige Voraussetzung dafür ist, überhaupt etwas sehen zu können. Zugespitzt: Alles Sehen macht (partiell) blind.
?Blinde Flecken? sind also unvermeidliche Begleiterscheinung jedes Sehens und damit auch jedes Handelns einer Person, eines Teams oder eines Unternehmens. Sie können entweder bedeutungslos, manchmal sogar nützlich, oft aber auch ungünstig oder sogar hochriskant für eine Person oder ein soziales System sein. Die riskanten blinden Flecken kann meiner Erfahrung nach oft nur ein außerhalb stehender Anderer, z.B. ein Berater (mit seinen, aber eben anderen blinden Flecken) erkennen und diese Wahrnehmung der Person, dem Team oder dem Unternehmen zur Verfügung stellen.
Auch dafür helfen Tools und Konzepte nur sehr begrenzt oder gar nicht. Geradezu schädigend sind ( leider sehr häufig anzutreffende) normative Konzepte von Beratern, die zu wissen meinen, was für einen Kunden richtig und gut und was für ihn falsch und schlecht ist. Denn wenn ein Coach oder Berater entsprechende Empfehlungen gibt, führt er seine eigenen blinden Flecken beim Kunden ein, indem er alles, was er für falsch oder schlecht hält, ausblendet oder abwertet.
3.3 Arbeiten mit verschiedenen Persönlichkeitsanteilen: Wer bin ich und was macht mich aus?
Kunden kommen in der Regel ins Coaching mit Anliegen, die sich allgemein in dieser Aussage zusam-menfassen lassen: ?Ich will mich verändern?. Da sitzen dem Coach also bereits zu Beginn zwei gegen-über, die unterschiedlich betroffen sind: Ein Teil (ich) will etwas mit einem anderen Teil (mich) anstel-len (ihn verändern).
Wenn man sich diese beiden Teile (oder Persönlichkeitsrepräsentanzen) genauer anschaut, stellt man unter Umständen fest, dass sie ? meist unbewusst ? in Konflikt miteinander stehen. Ein Teil des Kunden verharrt auf der gegebenen Ausgangslage, mit der ein anderer Teil unzufrieden ist. Letzterer will (mittels Coaching) gegen ersteren Veränderungen durchsetzen. Die oft resultierende Abwertung und oft auch Ablehnung des verharrenden, mitunter auch leidenden Teils durch den veränderungsaffinen Teil drückt sich umgangssprachlich oft in Formulierungen aus wie ?mein innerer Schweinehund?.
Wenn sich ein Coach mit dem Versprechen ?Ich helfe Dir, Deine Ziele zu erreichen? einseitig auf die Seite des Veränderungswilligen schlägt (oft ohne das zu bemerken), kämpfen sie gemeinsam gegen den ?inneren Schweinehund? (oder wie er auch sonst heißen mag). Nachhaltige Coachingerfolge sind dann aus meiner Sicht nicht mehr möglich, denn der beharrende Persönlichkeitsteil kann nicht ?be-siegt?, sondern allenfalls verdrängt werden ? und zwar ins Unbewusste des Kunden, und damit ungewollt an den Ort seiner maximalen Wirksamkeit.
Günstiger ist eine Haltung des Coaches, die in solchen Fällen von vornherein davon ausgeht, zwar ei-nen Kunden, aber zwei Auftraggeber (den Veränderungswilligen und den Beharrenden) zu haben, die er beide im Coachingprozess adressiert und im Spiel hält bzw. ins Spiel holt. Diese Haltung unterstützt den Kunden zunächst einmal darin, seine verschiedenen inneren Persönlichkeitsanteile wahrzunehmen. So gesehen ist Coaching auch eine Konfliktberatung in Bezug auf die inneren Konflikte zwischen verschiedenen Persönlichkeitsanteilen des Kunden, meist zwischen Bewahrungs- und Beharrungsbemühungen einerseits und Veränderungswünschen andererseits.
In der Regel ist ein Kunde mit einem seiner Persönlichkeitsanteile besonders stark identifiziert, z.B. mit dem, der inss Coaching Ziele einbringt bzw. mit dem, der in der Berufsrolle Angst, Schmerz oder Minderwertigkeitsgefühle vermeidet und sich gern stark fühlen möchte. Solange es dem Kunden nicht gelingt, seine anderen (ungeliebten, mitunter leidenden) Anteile in sich wahrzunehmen und sich auch mit ihnen zu identifizieren (?auch meine Schamgefühle und Ängste gehören zu mir?), wird er seinem Wunsch zu wachsen und sich zu verändern selbst im Weg stehen.
Mehr Selbstwahrnehmung und Klarheit des Kunden darüber, wer er ist und welche verschiedenen Anteile ihn ausmachen, fördern seine Selbststeuerungsfähigkeit und Autonomie und damit in der Folge auch seine Möglichkeiten, bewusst gesetzte Ziele zu erreichen. Für einen Coach, der mit seinen Kunden entsprechend arbeitet, ist eine der wichtigsten Fragen in seinen Gesprächen mit dem Kunden diese: Wer spricht gerade?.
3.4 Allparteilichkeit: Was ist, darf sein - oder doch nicht?
Die verschiedenen Persönlichkeitsanteile eines Kunden im Spiel zu halten, erfordert von einem Coach eine Haltung der Allparteilichkeit: Alle Persönlichkeitsanteile eines Kunden sind gleichermaßen willkommen! Diese Haltung lässt sich prägnant in dem Satz ?Was ist, darf sein.? auf den Punkt bringen.
Besonders weniger erfahrene Coaches meinen, das Richtige zu tun, wenn sie sich darauf konzentrieren, einen Kunden in den Persönlichkeitsanteilen zu unterstützen, mit denen dieser besonders stark identifiziert ist. Was dabei leicht unter den Tisch fällt, sind die Anteile des Kunden, die sich oft nicht wahrgenommen fühlen und dann (selbst im Coaching) auch nicht wahrgenommen werden. Ein Kunde zeigt sich dann gar nicht mit seinen ungeliebten Anteilen, sein innerer Konflikt bleibt unbearbeitet und wirkliche Veränderungen sind kaum möglich.
3.5 Fokus auf Erweiterung innerer Handlungsspielräume: Werde ich in meinen Wahlmöglichkeiten freier?
Eine der wichtigsten Eigenschaften von Personen (auch von Teams und Organisationen), um in unserer heutigen Welt zu überleben und erfolgreich zu sein, ist ihre Irritierbarkeit, genauer gesagt: die Fähigkeit, die eigene Identität (auch) auf Irritierbarkeit gründen zu können anstatt nur auf eine stabile Umwelt und auf stabile Problemlösungs- und Interaktionsmuster. Beides gibt es bekanntlich immer weniger. Also nicht ?So bin ich? oder ?Das macht mich aus? und ?Anders geht?s nicht?, sondern ?Ich könnte auch ganz anders sein, das würde sich auch gut anfühlen?.
Denn das ?Kleben? an (schwindenden) inneren und äußeren Sicherheiten und Gewissheiten ist ungünstig in einer Welt, in der
- selbst solche Kleinigkeiten wie die vierteljährlich stattfindenden Updates der Systemsoftware ganze Unternehmen alle drei Monate durcheinanderwirbeln
- Märkte in nie gekanntem Tempo verschwinden und neu entstehen
- Ziele nur noch als ?moving targets? möglich zu sein scheinen
- immer häufiger alles anders kommt, als man gedacht hatte
- man kaum noch Wege findet oder konstruieren kann, die auch übermorgen noch gangbar sind
- ...
Im Coaching sollte es nicht in erster Linie darum gehen, dass ein Kunde dies oder jenes ?Richtige? tut oder anderes (?Falsches?) lässt, sondern darum, seine Optionen zu erweitern und sein Gebundensein an bestimmte Problemlösungen und Muster zu relativieren und zu reduzieren. Ungünstig ist dafür ein Coach, der mit seinem Kunden an der Umsetzung von Zielen im Sinne der Fixierung von Handlungsplänen arbeitet.
3.6 Arbeiten mit Gefühlen: Wie komme ich weiter, wenn meine Vernunftgründe scheitern?
Die Vorstellung, dass Vernunftgründe, Denken, rationales Handeln und Entscheiden maßgeblich unser Leben beeinflussen und die sozialen Systeme, in denen wir leben, steuern, gehört zu den hartnäckigsten Mythen unserer Kultur.
Dabei wissen und erleben wir alle:
- wie viele wichtige Entscheidungen (nicht auf der Basis rationaler Begründungen sondern) aus Angst getroffen oder aber vermieden werden
- wie viele Streitigkeiten (gegen jede Vernunft) aus reiner Wut vom Zaun gebrochen werden
- wie häufig in Unternehmen Konflikte (trotz vieler vernünftiger Gespräche mit den Betroffenen) aus Scham oder Kränkungsgefühlen heraus immer weiter schwelen und sogar eskalieren
- wie viele Kooperationsvorhaben (trotz vernünftiger Begründungen) an Neid- und Eifersuchtsgefühlen zerbrechen
- wie viel Zeit (trotz aufwändiger Zeitmanagementtrainings) verschwendet wird aus narzisstischem Selbstdarstellungsdrang von Führungskräften
- wie oft (trotz vernunftbasierter Negativprognosen) scheinbar Unmögliches gelingt, wenn Freude im Spiel ist
- wie irrational manche Ehescheidungen (trotz überzeugender anwaltlicher Vernunftargumente) wegen unbezähmbarer Wut und Kränkungen der Partner auf selbstzerstörerische Weise eskalieren
- ...
Nicht zuletzt die Neurowissenschaften liefern beeindruckende Belege dafür, dass wir wichtige Ent-scheidungen längst emotional getroffen haben bevor wir anfangen, darüber nachzudenken, also bevor Vernunftgründe ins Spiel kommen, die dann oft nichts anderes sind als nachträgliche Rationalisierungen.
Ein Coach braucht also eine hohe Kompetenz im Umgang mit Gefühlen, gerade weil es im Coaching natürlich auch um berufliche und persönliche Entscheidungen, Verbesserungen, Ziele und Erfolge geht.
Kompetenz im Umgang mit Gefühlen bedeutet zweierlei:
1. Kompetenz im Umgang mit den eigenen Gefühlen
2. Kompetenz im Umgang mit den Gefühlen des Kunden
Kompetenz des Coaches im Umgang mit eigenen Gefühlen bedeutet:
- Zunächst, überhaupt Zugang zu ihnen zu haben. Das ist nicht selbstverständlich und nicht zu verwechseln mit dem Ausagieren von Gefühlen.- Weiterhin, Gefühle in sich klar unterscheiden zu können, z..B: Reagiere ich mit der Aggression, die ich gerade in mir aufsteigt, auf ein eigenes Gefühl oder auf den Kunden?
- Also auch, auf eigene Gefühle, die gerade aufsteigen, nicht bewertend zu reagieren (gute Gefühle, schlechte Gefühle), sondern jedes Gefühl willkommen zu heißen als Resonanz entweder auf innere oder auf äußere Vorgänge und diese zur Selbststeuerung nutzen zu können.
- Insofern auch, unangenehme Gefühle nicht von sich fernzuhalten und nach außen zu über-tragen (z.B. andere zu beschuldigen oder zu bewerten)
Kompetenz des Coaches im Umgang mit den Gefühlen des Kunden bedeutet, dessen Gefühle als Indikatoren zugrundeliegender Motive sowie als Resonanzen auf sich selbst und auf andere Menschen deuten zu können und ernst zu nehmen.
Heutzutage arbeiten einige Beratungsansätzen mit systematischer positiver Verstärkung "positiver" Gefühle für eine "gute" Sache. Es geht dabei beispielsweise um (oft verordnete) kollektive Begeiste-rungsstürme für eine Innovation, um Leitsätze, die allseitige Wertschätzung fordern, um (mitunter organisierte) emotionale Unterstützung positiver Visionen oder um das (oft angewiesene) Herunterbeten von Sätzen wie "Ich schaffe das", "Du kannst alles schaffen" oder "Yes we can". Das alles wäre im Prinzip in Ordnung, wenn die Adressaten dabei nicht mit ihren Schamgefühlen, Ängsten etc. allein gelassen würden (denn nur das Positive darf sein). Insofern stellt die positive Verstärkung positiver Gefühle als Prinzip von Coaching aus meiner Sicht einen inkompetenten und den Kunden potenziell schädigenden Umgang mit Gefühlen dar, dem böses Erwachen folgen kann.
3.7 Angebot der authentischen Eigenresonanz des Coaches: Was lösen meine Anliegen und Er-lebnisse im Coach aus?
Entgegen weit verbreiteter Annahmen ist es aus meiner Sicht nicht möglich, (andere) Menschen zu steuern, nicht einmal zu motivieren. Steuern und motivieren können Menschen nur sich selbst. Dies zu betonen ist wichtig in einer Welt voller Motivierungsbemühungen und -programme in Unter-nehmen, Schulen und anderswo, voller suggestiver Werbung in manipulativer Absicht und voller In-fluencer im Internet.
Auch ein Coach kann einen Kunden nicht motivieren, etwas Bestimmtes zu tun, zu wollen oder zu lassen. Was ein Coach aber tun kann, ist, dem Kunden seine authentische Resonanz im Kontakt zur Verfügung zu stellen. Das kann z.B. so aussehen: ?Wenn ich Ihnen so zuhöre, löst das Folgendes in mir aus ...? oder so: ?Wenn Sie ihrem Chef so unterwürfig begegnen wie gerade mir, wundere ich mich nicht, dass er Sie mitunter ignoriert?.
4. Wie finde ich den passenden Coach?
hhh