In Momenten von Anspannung, Druck und Stress neigen Unternehmenslenker und -inhaberinnen dazu, auf ihr persönliches ?Notstromaggregat? umzuschalten: Sie sehen sich von Krisen umgeben, gehen strikt nach Dringlichkeit vor und verbringen ihre Zeit damit, Brände zu löschen. Was sie in solchen Phasen leicht aus dem Blick verlieren, sind die Dinge, die gut laufen, und die Menschen, die dafür sorgen, dass das Unternehmen funktioniert. Denn im Grunde genommen wissen sie genau, wer die Halt gebenden Säulen ihres Unternehmens sind. Es sind die mitarbeiterorientierten Führungskräfte, die aufstrebenden Nachwuchskräfte, die wohlwollenden Babyboomer, die sich nicht trauen, in Rente zu gehen, weil etwas auf der Strecke bleiben könnte. Es sind die empathischen Mitarbeitenden, die sich ihren Platz in der Organisation erkämpft haben und die emanzipierten Beschäftigten, die den Blick auf die Menschen behalten, die sich gerade jetzt weit über ihre Dienstvorschriften hinaus engagieren.
Sie nähern sich den Themen Mitarbeiterbindung und Mitarbeitergewinnung auf eine andere Art. Sie haben erkannt, dass eine neue Herangehensweise an Unternehmensführung und Zukunftsfähigkeit automatisch damit einhergeht, die Beziehung zwischen den Menschen im Unternehmen zu revolutionieren. Dazu gehören eine wohlwollende Haltung, ehrliches Interesse, aufrichtige Anteilnahme an den Beweggründen und Umständen des Gegenübers sowie eine ausgeprägte Loyalität. Die Ausgangsbasis für Loyalität im wechselseitigen Prinzip liegt im beiderseitigen Willen, den beruflichen Weg gemeinsam zu gehen, in guten wie in schlechten Zeiten.
Die Voraussetzung, aus der heraus jemand bereit ist, diese Loyalität zu leben, ist die innere Sicherheit, in seinem ?so Sein? akzeptiert und bejaht zu werden. Das bedeutet auch, jemanden so nah an die eigenen Werte und Ansprüche heranzulassen, dass ein gegenseitiges Öffnen und Sich-anvertrauen möglich wird. Mit der Haltung, dass beide Seiten aufeinander angewiesen sind, dass Führungskraft, Mitarbeiterin und Mitarbeiter zusammen stärker sind als allein, können sich Arbeitsteams entwickeln, die Hand in Hand ihre größtmögliche Produktivität und Arbeitszufriedenheit entfalten.
In meiner Arbeit erlebe ich, dass sich Kompetenzträgerinnen und Wissensarbeiter das Unternehmen, für das sie arbeiten wollen, aussuchen. Im Spannungsfeld zwischen dem demografischen Wandel und den Veränderungen unserer Wirtschaft müssen Unternehmenslenkende lernen, flexibler zu werden und auch die Kommunikation muss klar und strategisch den Pfad, die Wertehierarchie einer neuen Ära mitgehen. Diese können wir nicht auf eine Generation begrenzen, denn der Wandel bezieht sich auf mehr als Arbeitsmodelle. Die Unternehmenskultur bekommt heute und in der Zukunft einen ganz neuen Wert. Die Kultur und die gelebten Werte werden zum Gradmesser der künftigen Unternehmensbewertung.
Um sich einem Unternehmen mit ihrer Loyalität zuzuwenden und ihnen zugetan zu bleiben, möchten Menschen in viel stärkerem Maße überzeugt werden. Folglich müssen Unternehmen ihnen etwas bieten: ein attraktives Umfeld, einen angemessenen Verdienst, Weiterentwicklungsmöglichkeiten, um mit der Schnelllebigkeit mitgehen zu können, Gestaltungsfreiräume und ganz besonders ein aufrichtiges Miteinander. Der wesentliche Unterschied heutiger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liegt in der persönlichen Affinität zu den grundlegenden Triebfedern der Menschen: Anerkennung und Zugehörigkeit. Der ausgeübte Beruf übernimmt mehr und mehr die Funktion der Selbstverwirklichung, so dass Arbeitgebende gezwungen sind, ihre Führung und Personalarbeit an ganz individuellen Lebenswegen, vielfältigen Wechseln durch Ausstiege und Einstiege, zwischenzeitlichen Bindungen, vorübergehender Sesshaftigkeit und neu aufflammender Dynamik auszurichten.
AUS DER BINDUNG DES MITARBEITENDEN WÄCHST DIE AUFGABE, EINE NACHHALTIGE BEZIEHUNG ZUM MENSCHEN AUFZUBAUEN.
Um nicht zum Spielball in einer immer weiter steigenden Lohnspirale zu werden, müssen Unternehmen den Fokus verschieben. Zum einen ist es elementar, Mitarbeitenden persönliche Herausforderungen und individuelle Weiterentwicklung zu bieten ? und ihre Zusagen zu halten. Zum anderen geht es darum, die Bindung zwischen den Menschen innerhalb der ?Arbeitsfamilie? zu bestärken. Für diese Bindung braucht es Vertrauen, den Wegbereiter der Loyalität.
Auch in einem weiteren Aspekt spielt Loyalität eine wichtige Rolle: Durch die Weiterentwicklungswünsche ihrer Beschäftigten kommen einige Unternehmen schnell an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Dieser Faktor macht es unumgänglich, dass Unternehmen dichter zusammenrücken, um wertvolle Mitarbeitende zu binden. Indem sich mehrere Organisationen zu einem Kompetenznetzwerk verbünden, können sie ihre Mitarbeitenden projektbezogen oder zeitlich begrenzt teilen ? und auf diese Weise halten. Die Beschäftigten erhalten so eine Möglichkeit, einen beruflichen Wechsel zu durchlaufen, sich in einem anderen Arbeitsgebiet einzubringen und dazu zu lernen. Die Unternehmen erhalten ihre wertvolle Manpower und das Kopfwissen ihrer Leistungsträgerinnen und ?träger.
LOYALITÄT AUF ORGANISATIONALER UND INDIVIDUELLER EBENE
Loyalität zählt zu den wertvollsten Eigenschaften in der Zusammenarbeit und zu den Erfolgsgaranten eines Unternehmens. Damit meine ich insbesondere die Loyalität von Beschäftigten. Während viele Bestrebungen von Unternehmen, die auf Mitarbeiterbindung ausgerichtet sind, etwas Erzwungenes vermuten lassen, ist das Loyalitätsgefühl ein ungeschriebener Vertrag, der auf ethischen Werten basiert. Wird dieser gebrochen, spricht man von der ?inneren Kündigung?.
Unter Mitarbeiterloyalität verstehen wir eine starke innere Haltung, mit der Mitarbeitende ihrem Arbeitgeber nicht nur physisch, sondern auch im Herzen verbunden sind. Sie sind engagierter und produktiver, sorgen sich um das Wohl der Firma und des Teams. In starker Ausprägung machen sie die Interessen des Unternehmens zu ihren eigenen und identifizieren sich so intensiv mit ihrer Organisation, dass sie viel und gern darüber sprechen (im Sinne von Empfehlungen für Kunden- und Bewerbergruppen).
Diese Art von Loyalität entsteht durch Vertrauen und Anziehungskraft und kann nicht eingefordert werden. Sie zeigt sich durch Verlässlichkeit, Fairness, Leistungsbereitschaft und Aufrichtigkeit. Der Blick nach innen lohnt sich also: Wer sind Ihre loyalsten Mitarbeitenden? Was zeichnet sie aus? Wie haben Sie zusammengefunden? Lassen sich Gemeinsamkeiten erkennen?
In einer Umfrage zu den Wechselgründen stellte sich heraus, dass Spitzenkräfte an erster Stelle das Betriebsklima, die Arbeitszufriedenheit und das Führungsverhalten des direkten Vorgesetzten angaben. Auf Mitarbeiterebene waren vorneweg mangelnde Wertschätzung und fehlende Anerkennung der Grund zum Jobwechsel.
TAKEAWAY:VIER FÜHRUNGSFAKTOREN FÜR MEHR MITARBEITERLOYALITÄT
Wer sich Loyalität wünscht, tut gut daran, Mitarbeiterzufriedenheit gewährleisten. Wir alle wissen, dass jede einzelne Person Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens hat. Je weniger Beschäftigte ein Unternehmen hat, desto stärker ist der Einfluss des Einzelnen. Um mit loyalen Mitarbeitenden einen signifikanten Wettbewerbsvorteil zu erzielen, sollten die Geschäftsleitung und die Führungskräfte die definierten Werte selbst leben und als Vorbilder ins Unternehmen einbringen. Loyalität als wahrgenommenes Gefühl und als Haltung ist sensibel und wächst durch deren stetige Wahrnehmung und Begleitung. Die wichtigsten Faktoren, die die Mitarbeiterloyalität im Unternehmen fördern, sind:
1. Transparenz Offene Kommunikation, das rechtzeitige Informieren der Belegschaft und das Einholen ihres Feedbacks schaffen eine Vertrauenskultur im Unternehmen. Gibt es im Unternehmen Entscheidungen, die alle Ebenen betreffen, sollten alle Beteiligten zum frühestmöglichen Zeitpunkt einbezogen werden. Trifft eine Führungsriege im kleinen Kreis Entscheidungen, deren Konsequenzen sich durch das ganze Unternehmen ziehen, so ist die neue Vorgehensweise gegenüber allen Beschäftigten zu begründen und die angepasste Zielausrichtung transparent darzulegen.
2. Vertrauen Wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitenden vertrauen, zeigen sie ihnen dies am besten, indem sie sie in den engeren Austausch nehmen und ihnen Verantwortung übertragen; so, dass die Person gefordert, aber nicht überfordert wird. Die Anerkennung, die damit einhergeht, zeigt Wertschätzung als auch Perspektiven auf.
3. Lob Eine gesunde und wohlwollende Zusammenarbeit wird erreicht, indem jedes Teammitglied das Gefühl bekommt, gesehen und gehört zu werden. Häufig anerkennende Worte zu hören, zeigt dem Teammitglied, dass es wahrgenommen und gefördert wird.
4. Respekt Insbesondere am Umgang mit Fehlern lässt sich erkennen, ob ein Arbeitsteam fair und respektvoll miteinander umgeht. Führungskräfte legen ihr Augenmerk bei einem aufgetretenen Fehler am besten darauf, wie der Verursacher selbst damit umgeht: Konnte er den Fehler kommen sehen? Wann hat er den Prozess abgebrochen? Wie bewertet er das Geschehen selbst? Gibt es Konsequenzen, aus denen gelernt werden kann? Kann vielleicht sogar eine Erfolg versprechende Lösung angegangen werden? Die meisten Menschen sind selbst frustriert darüber, wenn ihnen ein Fehler passiert. Wenn ihnen nach einem gescheiterten Prozess mit Respekt begegnet wird, können sie schon bei der Besprechung ihre Motivation zurückgewinnen und ihr Lerncharakter wird gestärkt.