In den Zeiten des Fachkräftemangels spielt ein effizientes Hochschulmarketing eine wichtige Rolle. Die Personalrekrutierung kann an der Hochschule ansetzen und erreicht somit direkt die stark umworbene Zielgruppe der zukünftigen Fach- und Führungskräfte.
Über Praktika und die Betreuung von Abschlussarbeiten können sich Unternehmen und Studenten zudem kennenlernen und verbessern somit die Personalauswahl. Auch eine gezielte Hochschulkooperation oder der Kontakt zu einzelnen Lehrstühlen bieten neben dem Wissenstransfer die Möglichkeit das Unternehmen unter den Studierenden bekannt zu machen.
Was ist Hochschulmarketing?
Im Grunde geht es darum ein Produkt, Marke oder ein Unternehmen bei den Zielgruppen Studenten und Absolventen bekannt zu machen.
Dabei kann es um die Erhöhung des Bekanntheitsgrades von Konsumgütern und Dienstleistungen gehen, da Studenten heute bereits attraktive Kundengruppen sind. Zudem werden sie in Zukunft mit ihren vergleichsweise höheren Einkommen zu zahlungskräftigen Konsumenten.
Aus personalwirtschaftlicher Perspektive liegt der Fokus des Hochschulmarketings jedoch bei der Personalbeschaffung. In erster Linie wird dabei das Ziel verfolgt, potentielle zukünftige Beschäftigte auf das Unternehmen aufmerksam zu machen.
Fachkäftenachwuchs rekrutieren
Da der Arbeitsmarkt im Bereich einzelner akademischer Berufe nahezu leergefegt zu sein scheint (beispielsweise bei den sogenannten MINT-Qualifikationen: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik), empfiehlt es sich den Fachkräftenachwuchs direkt von der Hochschule zu rekrutieren: Zum einen ist die Personalgewinnung im Vergleich zu anderen Maßnahmen vergleichsweise kostengünstig und zum anderen erreicht man eine extrem homogene Zielgruppe.
Abgesehen von der Möglichkeit der direkten Rekrutierung kann mithilfe des Hochschulmarketings eine frühzeitige Orientierung potentieller Nachwuchskräfte auf das Unternehmen erfolgen, das eine spätere Beschaffung wesentlich erleichtern kann.
Die Präsentation eines Unternehmens an der Hochschule und insbesondere die Kooperation mit einer geeigneten Hochschule haben einen nicht zu unterschätzenden positiven Effekt auf das Arbeitgeber-Image. In diesem Sinn ist es in längerfristiger Perspektive möglich, sich als begehrter Arbeitgeber auf dem Campus, aber auch darüber hinaus, zu positionieren.
Viele Maßnahmen des Hochschulmarketings wie beispielsweise die Vergabe von Praktika oder die Betreuung von Diplomarbeiten, bieten außerdem die Möglichkeit, die potentiellen Arbeitnehmer vor ihrer Einstellung kennenzulernen, und erleichtern damit nicht eine gezielte Personalauswahl.
Für kleinere Unternehmen interessant
Das Hochschulmarketing wird insbesondere von kleinen und mittelständischen Unternehmen oft nicht ausreichend genutzt. Gründe dafür können sein:
- eine gewisse Scheu, sich an eine Hochschule zu wenden
- Unsicherheit über die Vorgehensweise
- keine langfristig ausgelegte Personalpolitik seitens der Unternehmen
Jedoch ist diese Methode der Personalgewinnung gerade für kleinere Unternehmen im "Konkurrenzkampf" um zukünftige Fachkräfte eine effektive Möglichkeit, um an geeignetes Personal zu kommen. Große Unternehmen sind als Markenname bekannt und werden von den Studenten oftmals als die attraktiveren Arbeitgeber empfunden. Diese bieten neben dem bekannten Namen höhere Gehälter und vielfältigere Entwicklungsmöglichkeiten, was von den Berufseinsteigern häufig geschätzt wird.
Im Rahmen des Hochschulmarketings können kleine und mittlere Unternehmen auf sich und ihre Vorzüge als Arbeitgeber aufmerksam machen. So können Kontakte zu den Studenten aufgebaut und gepflegt werden.
Effizientes Recruiting an Hochschulen - Empfehlungen
- Stellenprofile: Erste Aufgabe im Unternehmen ist die klare Ausarbeitung von Stellenprofilen bzw. eine mittelfristige Nachwuchsplanung, welche Bereiche mit Hochschulnachwuchs besetzt werden sollen.
- Auswahl der Hochschulen: Im nächsten Schritt sollte die Auswahl der Hochschulen getroffen werden. Dies sind zuvorderst die räumlich nächstgelegenen Hochschulen. Dabei ist wichtig, deren Studiengänge zu prüfen und mit den Firmenanforderungen zu :vergleichen. (Alle Hochschulen stellen ihre Studiengänge ins Internet, Infos über staatliche Hochschulen finden sich z. B. auch auf den Seiten der Hochschulrektorenkonferenz). Benötigt die Firma spezielle Studiengänge, die nur an wenigen ausgewählten Hochschulen angeboten werden, tritt die räumliche Nähe in den Hintergrund.
- Zentrale/ Dezentrale Ansprechpartner: Bei der Kontaktaufnahme ist zu prüfen, ob es zentrale Stellen wie Career Services oder Praxiskontaktstellen gibt und/ oder die Fakultäten einzeln angesprochen werden müssen, z. B. Sekretariate, einzelne Lehrstühle, Professoren usw.
Darüber hinaus empfiehlt es sich konkrete Maßnahmen in den folgenden Bereichen zu planen und umzusetzen:
1: Praktikum/ Werkstudententätigeit/ Abschlussarbeit: Der effektivste Weg, einen neuen Mitarbeiter zu gewinnen, ist über ein :Praktikum bzw. eine Studienabschlussarbeit. Viele Absolventen arbeiten nach dem Studium in der Firma, in der Sie ein Praktikum oder :eine Abschlussarbeit geschrieben haben. Diese Art der Personalsuche ist für Unternehmen sehr vorteilhaft.
Der Praktikant kann für ein relativ geringes Entgelt "getestet" werden. Der Praktikant kennt das Unternehmen schon, Abbrüche in der Probezeit und falsche Erwartungen beiderseits sind selten.
Die Einarbeitungszeit verkürzt sich, da der neue Mitarbeiter das Unternehmen schon als Praktikant kennen lernte oder sich in seiner Abschlussarbeit in ein Thema intensiv eingearbeitet hat. Dabei gibt es Pflichtpraktika, die zum Curriculum zählen und beispielsweise über ein ganzes Semester, also ein halbes Jahr gehen, genauso wie freiwillige Praktika, die eine Mindestdauer von vier Wochen nicht unterschreiten sollten.
Im Unterschied dazu arbeitet der Werkstudent neben seinem regulären Studium stunden- oder tageweise im Betrieb und wird dementsprechend entlohnt, was den Vorteil hat, dass er oder sie über längere Zeit Arbeitserfahrungen in der Firma sammeln kann. Die meisten Hochschulen bieten die Möglichkeit, Stellenangebote am Schwarzen Brett auszuhängen.
Online-Jobbörsen sind auf dem Vormarsch. Dabei gibt es Zusammenschlüsse von Hochschulen oder hochschuleigene Lösungen. Hilfreich wirken hier Ansprechpartner in den Fakultäten (Sekretariat, Praktikumsbeauftragte, Career Centre) und ein persönlicher Besuch, um die Örtlichkeiten und Möglichkeiten zu prüfen.
2.: Jobmesse: Sie bietet Firmen einmal im Jahr die Gelegenheit, sich mit einem Messestand zu präsentieren. Firmenkontaktmessen für Studierende und Absolventen gibt es sowohl regional an den einzelnen Hochschulen, als auch überregional (z. B. der Absolventenkongress in Köln).
Wichtig sind hierbei ein professioneller Auftritt und ein ansprechendes Ambiente. Nähere Informationen dazu bieten wieder die Internetseiten der einzelnen Hochschulen.
3.: Kontakt zu einzelnen Lehrstühlen/ Fakultäten/ Instituten: Teilweise besteht die Möglichkeit, Vorlesungen durch Unternehmensvertreter mitzugestalten. Im Zuge der Umstellung auf die neuen Bachelorstudiengänge ist Employability, also die :gezielte Ausbildung für die Wirtschaft, ein wichtiges Kriterium für einen Studiengang.
Vielleicht gibt es wichtige technologische Neuerungen, besondere Prozesse im Unternehmen, interessante Aspekte, die den Studierenden neue Sichtweisen eröffnen. Gleichzeitig kann sich die Firma präsentieren und Kontakte zu den Studenten aufbauen. Die möglichen Aktivitäten sind vielfältig: Kaminabende, Mentorenprogramme, Ausschreibung eigener Wettbewerbe für Studierende, :Organisation von Firmenbesichtigungen und vieles mehr.
Das Unternehmen sollte seine Stärken herausarbeiten und konkrete Aktionen anbieten, gleichzeitig aber offen sein für Vorschläge der Hochschule bzw. deren Anregungen und Wünsche zur Umsetzung der geplanten Aktivitäten. Wichtig ist in jedem Fall eine längerfristige :Strategie und Kontinuität bei der Zusammenarbeit.
Autor
Martina Heim
martina.heim(at)fh-deggendorf.de