Problemfelder der Personalentwicklung mit älteren Mitarbeitern - Die ohnehin in kleinen und mittleren Unternehmen meist unregelmäßig stattfindende Personalentwicklung bezieht sich meist auf eine jüngere Belegschaft beziehungsweise auf jüngere Mitarbeiter. Anders ist der in zahlreichen Untersuchungen festgestellte Mangel an Weiterbildung älterer Mitarbeiter kaum zu deuten. Neben den Defiziten bei den betrieblichen Angeboten spielt eine gewisse Weiterbildungsabstinenz Älterer eine Rolle.
Diese nehmen in der Regel lediglich an solchen Qualifizierungsmaßnahmen teil, die sich auf unmittelbar und kurzfristig notwendige betriebliche Belange beziehen, wie beispielsweise die Einführung neuer Technologien oder Verfahren. Eine strategisch auf die Entwicklung der Berufslaufbahn ausgerichtete Weiterqualifizierung ist bei Älteren nur selten anzutreffen. Ältere sehen offensichtlich nur selten noch Perspektiven für eine berufliche Weiterentwicklung und zum anderen rechnen sich Investitionen in Ältere aus Arbeitgebersicht offenbar nicht.
Bereits heute schon und mit zunehmender Tendenz - dies zeigen alle demografischen Mittel- und Langfristprognosen - stehen immer mehr Betriebe vor dem Problem, ihren Fachkräftebedarf nicht mehr aus jüngeren Generationen rekrutieren zu können. Als Ausgleichsmöglichkeiten für den anstehenden Fachkräftemangel werden eine höhere Frauenerwerbstätigkeit, eine verstärkte Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland sowie eine längere Beschäftigung der eigenen Mitarbeiter angesehen.
Personalentwicklung mit dem Fokus auf das Altern
Die Möglichkeiten der Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit sind begrenzt, auch die Anwerbung ausländischer Fachkräfte löst das Problem nicht, denn andere europäische Länder stehen vor dem gleichen demografischen Problem. Dagegen gibt es Möglichkeiten, mit der vorhandenen Belegschaft auch zukünftig erfolgreich zu operieren, wenn die Unternehmen sich auf eine Personalentwicklung mit dem Fokus auf das Altern einlassen.
In vielen Unternehmen wird bislang ein besonderer Handlungsbedarf nur einzelfallbezogen gesehen und entsprechend lediglich das Einzelproblem zu lösen versucht. Eine strukturelle Betrachtung, wie der Altersdurchschnitt der Belegschaft in fünf oder zehn Jahren aussehen wird, nehmen solche Unternehmen bisher nicht vor.
Dabei ist bekannt, dass mit dem Altern insbesondere bei belastenden Tätigkeiten die physische und psychische Leistungsfähigkeit nachlässt. Körperlich oder psychisch belastende Tätigkeiten führen dann zu Ausfällen oder anderen negativen Auswirkungen auf das Betriebsergebnis, ganz abgesehen von den Folgen für die Mitarbeiter selbst.
Eine strategische, zukunftsorientierte Personalentwicklung könnte einem solchen Leistungsverslust entgegenwirken, indem frühzeitig Alternativen zu den belastenden Tätigkeiten, Maßnahmen des Belastungsabbaus, veränderte Arbeitsplatzkonstellationen und anderes entwickelt werden.
Bis vor einigen Jahren war es beispielsweise gerade in Großbetrieben gängige Praxis, Schonarbeitsplätze wie Pförtner oder Werkschutz für Ältere vorzuhalten. Knapper werdende betriebliche Ressourcen und Outsourcingprozesse lassen dies heute immer weniger zu, ganz abgesehen von den in dieser Hinsicht ohnehin deutlich begrenzteren Möglichkeiten kleiner und mittelständischer Unternehmen.
Alternativen liegen in der Umgestaltung vorhandener Arbeitsplätze und/oder in einer frühzeitigen Aufmerksamkeit für besonders belastende betriebliche Faktoren.
Ansatzpunkt Arbeitszeitgestaltung
Tätigkeiten in wechselnden Schichtsystemen belasten auf Dauer die Gesundheit und Leistungsfähigkeit erheblich. Alternativen können hier in Lebensarbeitszeitmodellen liegen, die einen Wechsel zwischen belastenden und entlastenden Arbeitszeiten vorsehen.
Anregungen dazu wurden zum Beispiel im Rahmen des Projekts "Beschäftigungswirksame Arbeitszeitmodelle für ältere Arbeitnehmer" (Universität Erfurt) entwickelt. Unter Ausnutzung von Möglichkeiten staatlicher Unterstützung wurden für verschiedene Branchen Modelle für alternative Arbeitszeitgestaltungen unter Berücksichtigung von Qualifizierungsanteilen dargelegt.
Ansatzpunkt Arbeitsplatzentwicklung
Die Veränderung von Arbeitszeitregimes ist jedoch nur ein Teil einer möglichen Personalentwicklungsstrategie zum Umgang mit alternden Belegschaften. Einen weiteren Teil bilden Umgestaltungsmöglichkeiten von Arbeitsplätzen. Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Unternehmensleitungen mitunter nur wenig Kenntnis der Möglichkeiten und Kompetenzen älterer Mitarbeiter haben, die meist über die unmittelbaren Anforderungen ihres Arbeitsplatzes weit hinausreichen.
Es ist bekannt, dass von Personalverantwortlichen und Vorgesetzten an Älteren vor allem ihr Erfahrungswissen geschätzt wird. Dass dieses Erfahrungswissen sich auch auf Bereiche erstreckt, die nicht direkt mit der arbeitsplatzbezogenen Aufgabenstellung verbunden sind, wird dabei gelegentlich übersehen. Ältere Mitarbeiter verfügen zum Teil über sehr ausgefeilte Strategien der informellen Bewältigung von Veränderungen im Arbeitsleben, die für betriebliche Verbesserungen von Arbeitsplätzen und -abläufen nutzbar sind.
Ansatzpunkt Qualifizierung für alternative Aufgaben
Neben den vorgenannten Ansatzpunkten einer Personalentwicklung für ältere Mitarbeiter kommt deren Qualifizierung für Tätigkeiten, die zum einen alternsgerecht und zum anderen für das Unternehmen lukrativ sind, eine besondere Bedeutung zu. Schonarbeitsplätze tragen meist kaum zur Produktivität bei. Daher müssen Alternativen gefunden werden.
Möglichkeiten, bei alternden Belegschaften weitere Aufgaben zu etablieren, die für das Unternehmen vor allem betriebswirtschaftlich reizvoll sind. Das meist in hohem Maße vorhandene Erfahrungswissen Älterer kann durchaus auch in anderen Konstellationen, als den jeweils aktuell bestehenden genutzt werden, beispielsweise durch Ausweitung von Tätigkeiten hin zu dienstleistungsorientierten Aufgaben mit dem möglichen Effekt einer Reduktion körperlich belastender Bereiche.
Ein solcher Dienstleistungsbereich ist zum Beispiel die Beratung und Betreuung von Kunden. Gerade hier spielt ein aus langer Erfahrung gespeistes Fachwissen eine bedeutende Rolle. Gleichzeitig mangelt es älteren Mitarbeitern jedoch oftmals an fachlichen und überfachlichen Qualifikationen in genau diesem Bereich. Zu nennen sind hier Schwächen in der kundenadäquaten Kommunikation, in Grundlagen der Beratung, in rechtlichen Fragen und meist auch in verschiedenen Aspekten eines professionellen Marketings.
Auf der anderen Seite altern nicht nur die Belegschaften, sondern auch die Kunden. Es gibt Hinweise darauf, dass ältere Menschen es bevorzugen, von annähernd Gleichaltrigen beraten zu werden, was sowohl im kaufmännischen als auch im technischen Bereich gilt.
Ausgehend von solchen Überlegungen und Befunden haben die Eichenbaum Gesellschaft für Organisationsberatung, Marketing, PR und Bildung mbH in Gotha und die Universität Erfurt eine Weiterbildung zum Kundenberater für ältere Erwerbslose entwickelt, - erfolgreich - erprobt und ausgeweitet hin zu einer fachlich anspruchsvolleren betriebliche Weiterbildung in diesem Bereich mit Abschlussprüfung vor der Handwerkskammer.
Fazit
Personalentwicklung mit und für eine alternde Belegschaft ist also ein mehrdimensionales Feld. Je nach vorhandenen Möglichkeiten und Problemlagen bietet sich eine Kombination von Arbeitszeitgestaltung, Arbeitsplatzentwicklung im Hinblick auf Alternsgerechtigkeit und Qualifizierung an.
Für kleine und mittlere Unternehmen bestehen in dieser Hinsicht vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten. Neben den genannten Konzepten gibt es beispielsweise eine Vielzahl regionaler Netzwerke, von denen kleine und mittlere Unternehmen Hilfestellungen bei ihren Personalentwicklungsbemühungen bekommen können.
Autor
Dr. Matthias Vonken
matthias.vonken(at)uni-erfurt.de