In einer 'Kultur der Vielfalt' können Kreativität, Innovationsfähigkeit, Motivation, Kundennähe, Qualitätsbewußtsein und nicht zuletzt Arbeitszufriedenheit gut gedeihen, wenn gegenseitige Wertschätzung, Toleranz und Offenheit durch Personalentwicklung und Führungsverhalten gezielt unterstützt werden.
Die Unternehmen in Deutschland stehen auf dem Weg in die Wissensgesellschaft vor grundlegenden Veränderungsprozessen. Jeder Betrieb hat dabei eine andere Ausgangsposition und andere Ziele, muss jedoch dieselben Herausforderungen des gestiegenen Wettbewerbs, der demografischen Entwicklung und der verstärkten Serviceorientierung bewältigen, um seinen Geschäftserfolg langfristig zu sichern. In der Folge werden die Arbeitsinhalte anspruchsvoller und steigen die Anforderungen an die Mitarbeiter.
Gezielte Personalentwicklung
Diese Entwicklung fordert von den Unternehmen, die Fähigkeiten und Potenziale ihrer Beschäftigten permanent den steigenden Anforderungen anzupassen und eine gezielte Personalentwicklung zu verfolgen. Vorausschauende Unternehmen weisen der Kompetenzentwicklung deshalb eine neue strategische Bedeutung zu. Das ist aber nicht allein Aufgabe des Betriebes. In diesem Prozess muss auch jeder einzelne Mitarbeiter seinen Beitrag leisten und mehr Verantwortung für die Erhaltung seiner Beschäftigungsfähigkeit übernehmen.
Parallel dazu ändert sich auch die Rolle der Führungskräfte. Sie werden zu aktiven Personalentwicklern und gestalten, zum Beispiel durch Delegation von Aufgaben, Personaleinsatz (-planung) und durch ihr Vorbildverhalten maßgeblich die Personalentwicklung, die heute in erster Linie direkt am Arbeitsplatz ansetzt: Wer arbeitet, lernt!
Zielgruppenorientierte Personalentwicklung
In den vergangenen Jahren rückte bei der Personalentwicklung die Förderung spezieller Mitarbeitergruppen wie ältere Arbeitnehmer in den Vordergrund. Mit dieser zielgruppenorientierten Weiterbildung versuchen Unternehmen, die Leistungspotenziale bestimmter Beschäftigungsgruppen besser zu erschließen und zu fördern.
Diesem Ansatz liegt das Verständnis zugrunde, dass verschiedene Mitarbeitergruppen nicht nur unterschiedliche Voraussetzungen und Bedürfnisse haben, sondern auch individuellen Stärken und Ziele mit Blick auf Ihre berufliche Entwicklung. Dies gilt beispielsweise für Auszubildende, Führungsnachwuchskräfte, Frauen, Mitarbeiter mit Migrationshintergrund und ältere Mitarbeiter. Dabei spielen weniger das Geschlecht, das Alter oder die nationale Herkunft per se die entscheidende Rolle, als vielmehr das individuelle Leistungspotenzial und die jeweilige Berufs- oder Lebenssituation.
So sinnvoll eine zielgruppenorientierte Personalentwicklung im Einzelfall sein kann, sie ist nicht immer unproblematisch. Besonders lässt sich nicht ausschließen, dass die Zielgruppenorientierung zu einer unerwünschten Stigmatisierung führt oder als Bevorzugung bestimmter Mitarbeitergruppen wahrgenommen wird.
Grundsätzlich gilt für die zielgruppenorientierte Personalentwicklung: Die entsprechenden Maßnahmen müssen sich vor allem am Qualifikationsbedarf des Betriebes, an den individuellen Kompetenzen und der Potentialeinschätzung orientieren. Um den Erfolg der Maßnahmen zu erhöhen, ist es sinnvoll, die weiteren persönlichen Voraussetzungen, Ziele oder Lebensphasen der Mitarbeiter zu berücksichtigen.
Es liegt auf der Hand, dass Betriebe nicht für jeden Einzelfall ein Personalentwicklungsprogramm anbieten können. Ebenso wenig lässt sich jedes Berufs- oder Karriereziel mit den betrieblichen Notwendigkeiten verbinden. Deshalb gewinnt eine lern- und motivationsförderliche Arbeitsgestaltung und Unternehmenskultur an Bedeutung.
Personelle Vielfalt
Es gilt in Zukunft, Voraussetzungen zu schaffen, die flexibel unterschiedliche Zielstellungen berücksichtigen, um eine Kultur zu etablieren, in der durch Wertschätzung der Individualität der Mitarbeiter die Wertschöpfung des Unternehmens gesteigert werden kann. Wenn Unternehmen "bunte Belegschaften" fördern oder ihre "Qualitätsprozesse durch Vielfalt" verbessern, ist das nicht wirklich überraschend.
Eine hohe personelle Vielfalt ist in immer mehr Unternehmen längst Alltag. Betriebe setzen zunehmend bewusst auf diese Stärke in dem Wissen, dass sie dadurch langfristig ihre Wettbewerbsposition verbessern können. Viele Großunternehmen haben mit Diversity-Management-Konzepten bereits positive Erfahrungen gesammelt und verfolgen diese Strategie deshalb konsequent weiter.
Das Ziel ist dabei nicht eine möglichst große Heterogenität der Belegschaft um jeden Preis in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunft oder Erfahrung. Sondern die die Betriebe versprechen sich durch das bewusste Ausnutzen der personellen Vielfalt eine Verbesserung der Qualität der Ergebnisse und der Arbeitszufriedenheit sowie die erfolgreiche Bewältigung des Fachkräftemangels.
Nutzen
Den Nutzen sehen die Betriebe auf folgenden Feldern:
- Bessere Innovationsfähigkeit durch höhere Kreativität von gemischten Teams in Bezug auf Alter, Geschlecht, nationale Herkunft Wissens- und Erfahrungsgebiete etc.
- Erleichterte Kommunikation durch Abbau von Vorurteilen und vorgelebte Offenheit.
- Neue Rekrutierungsquellen, wenn der Arbeitgeber beispielsweise auch von Frauen oder älteren Bewerbern als attraktiv wahrgenommen wird.
- Besseres Arbeitgeberimage, weil die Personalpolitik allen Mitarbeitergruppen gleichermaßen zugute kommt.
- Marktnahe Produktentwicklung durch bewusste Einbeziehung von Mitarbeitern, die der potenziellen Käufergruppe entsprechen.
- Neue Märkte durch die gezielte Einstellung zum Beispiel von ausländischen Mitarbeitern.
- Verbesserte Kundenansprache durch Verkäufer, die beispielsweise in ihrem Alter oder Geschlecht den Wünschen der Kunden am besten entsprechen.
Langfristig kann sich eine Kultur die Vielfalt entwickeln, die sich durch Offenheit, Respekt, Toleranz und Wertschätzung auszeichnet und in der gemischte Teams und Belegschaften ihre Kreativitäts- und Produktivitätspotenziale voll entfalten. Dadurch ergeben sich positive Effekte für die Innovationsfähigkeit des Betriebes: Es wird eine Lernkultur gefördert, in der jeder Einzelne seinen Beitrag zur Kompetenzentwicklung leistet. Es wird eine Innovationskultur unterstützt, bei der alle relevanten Akteure in die Entwicklung neuer Produkte und Prozesse einbezogen werden.
Daraus kann sich eine Qualitätskultur entwickeln, der sich alle Mitarbeiter unabhängig von Qualifikation, Geschlecht oder Alter verpflichtet fühlen, ihre individuellen Stärken einbringen und die notwendigen Prozessinnovationen oder Organisationsveränderungen produktiv unterstützen.
Vorleben von Werten
Personalentwicklung muss sich immer daran messen lassen, ob ihre Ergebnisse zur Wertschöpfung des Unternehmens und zum Geschäftserfolg beitragen. Sie ist ein elementarer Bestandteil einer zukunftsorientierten Personalpolitik, die wiederum die Unternehmenskultur in entscheidendem Maße prägt und unterstützt. Noch wichtiger wird in Zukunft die Rolle der Führungskräfte, die diese Kultur vorleben.
Auf die Frage, was sie am meisten motiviert, sagten die befragten Mitarbeiter:
- erstens das Interesse des Managements an den Mitarbeitern
- zweitens die Vorbildfunktion der Führungskräfte
Daran wird deutlich, welchen zentralen Stellenwert Personalführung für die Motivation der Beschäftigten hat und damit für den Erfolg des Unternehmens. Mitarbeiterengagement lässt sich über das Vorleben von Werten und über vorbildliches Verhalten von Führungskräften entscheidend beeinflussen. Deshalb muss diese Zielgruppe im Fokus der Personalentwicklung stehen.
Viele Unternehmen haben das erkannt und sich Führungsgrundsätze, Leitbilder oder Leitlinien gegeben. Die Unternehmen sehen in der Personal- und Führungskräfteentwicklung heute schon das wichtigste strategische Feld des Personalmanagements. Ziel ist nicht eine besonders soziale Betriebsgestaltung, sondern vielmehr höhere Produktivität, verbesserte Kundenorientierung und erfolgreiche Innovation.
Autor
Rainer Schmidt-Rudloff